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KOMMENTAREDie nächste Hürde

■ Bakers Konzept für eine Nahost-Konferenz hat seine Bewährungsprobe noch vor sich

Wir scheinen das letzte Volk auf Erden zu sein, das nicht bereit ist, mit seinen Feinden zu reden.“ Nicht, daß ein Wort von Abie Nathan, der in Israel zum zweiten Mal wegen eines Treffens mit PLO-Chef Yassir Arafat im Knast sitzt, dort viel gilt. Aber mit dieser Äußerung hat er den Nagel auf den Kopf getroffen. Denn genau darum geht es bei der Nahost-Friedenskonferenz zunächst einmal: daß die Beteiligten an einem Tisch sitzen und miteinander reden. Worüber dann freilich gesprochen werden soll und mit welchem Ziel, darüber ist bislang wenig gesagt worden. Das wird sich möglicherweise noch rächen, denn die Interessen und Positionen der Konfliktparteien, auch innerhalb des arabischen Lagers, klaffen weit auseinander. In der Palästinenserfrage reichen sie vom unabhängigen Staat bis zur Autonomie unter andauernder israelischer Besatzung.

Bei den Bemühungen von US-Außenminister Baker, den Friedensprozeß in die Wege zu leiten, stand die Frage des Vorgehens, des Ablaufs, im Mittelpunkt, und nicht die des Inhaltes, der neuen Grenzen in der Region, des eigentlichen politischen Ziels. Die US-Administration hat sich dazu bislang nicht eindeutig geäußert; sicher auch, um den Anschein zu vermeiden, sie wolle den Beteiligten eine bestimmte Position aufzwingen. Es wird sich daher erst noch zeigen müssen, ob sich das von Baker eingeleitete Verfahren als tragfähig genug erweist, um auch die inhaltlichen Klippen und Hürden zu umschiffen. Syrien hat da bereits seine Vorbehalte angemeldet.

Falls sich die Klippen nicht schon gleich zu Beginn als unüberwindlich erweisen sollten, wird die „Konferenz“ in jedem Falle ein Prozeß sein und nicht ein zeitlich begrenztes Ereignis. Nach über vierzig Jahren Kriegszustand ist das kaum anders zu erwarten. Da hat das bloße Reden, das Zusammensitzen einer israelischen mit einer syrischen oder jordanisch-palästinensischen Delegation bereits historische Bedeutung. Symbole und Bilder spielen in der Politik eine große Rolle; gleich, ob es die Palästinenserfahne ist, die seit Beginn des Aufstandes immer wieder in den besetzten Gebieten gehißt wurde, gleich, ob es sich um ein Gruppenfoto bislang verfeindeter Politiker handelt. Die Kunst — und da werden erneut die USA gefragt sein — wird nun darin bestehen, es nicht bei historischen Bildern und Symbolen zu belassen. Die Frage ist, ob das Reden mit den Feinden, um bei Abie Nathan zu bleiben, eine politisch-psychologische Dynamik in Gang setzen kann, der sich die Beteiligten nicht mehr entziehen können und die in einen Friedensprozeß mündet, der diesen Namen auch wirklich verdient. Darauf setzt auch Baker, aber eine Garantie für den Erfolg gibt es nicht. Beate Seel

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