KOMMENTARE: Knüppel frei!
■ Zum Freispruch der drei Polizeibeamten in Moabit
Daß es immer wieder Polizeibeamte gibt, die den Schutz von Uniform und Dunkelheit ausnutzen, um nach Einsätzen bei Straßenschlachten mit dem Holzknüppel gründlich ihr Mütchen zu kühlen, ist hinlänglich bekannt. Konsequenzen brauchen diese Schläger nicht zu fürchten, schließlich werden über 90 Prozent aller Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung im Amt mit dem Vermerk »unbekannt« eingestellt.
So gesehen war es fast ein Wunder, daß die Mißhandlung der beiden Pressefotografen ein gerichtliches Nachspiel hatte. Zurückzuführen ist dies ganz sicher nicht auf die Ermittlungsbehörde, sondern auf die Fotos, die Fotografenkollegen am Tatort fertigten. Dank des Fotos von Stefan Doblinger konnte sich der als Schläger vorbestrafte Beamte Andreas L. nicht mehr herausreden, nicht am Tatort gewesen zu sein. Doch was hat das Gericht damit gemacht? Es interpretierte das Foto als reine Festnahmesituation, obwohl der Fotograf bekundet hatte, daß der Beamte L. zuvor eindeutig zugeschlagen habe. Doblingers Augenzeugenbericht war plötzlich nichts mehr wert.
Den »im Zweifel für den Angeklagten« begründeten Freispruch werden die geschädigten Fotografen wohl kaum erfolgreich anfechten können. Was bleibt, ist die Gewißheit, daß der »wahrscheinliche« Schläger Andreas L. sowie seine vielen unbekannt gebliebenen Kollegen weiter im Amt und mit dem Knüppel in der Hand auf die Menschheit losgehen werden. Die Forderung nach Kennzeichnung der Polizei, mit der die Schläger identifiziert werden könnten, hat durch den Prozeß wieder aktuelle Bedeutung bekommen. Doch daß sie umgesetzt würde, ist vom rot-schwarzen Senat unter einem Innensenator Heckelmann wohl kaum zu erwarten. Statt den Beamten eine unliebsame Nummer aufzudrücken, nimmt er lieber Straftaten im Amt in Kauf. Plutonia Plarre
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen