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KOMMENTAREÖl ins Feuer

■ Eine Komission soll den Polizeieinsatz beim Trauermarsch für getöteten Mete Eksi prüfen

Der Türkische Elternverein ist entsetzt und erschüttert. Nach über einer Woche Bedenkzeit fiel Innensenator Heckelmann gestern zum polizeilichen Vorgehen bei Trauermarsch für Mete Eksi nichts anderes ein, als daß die Polizei »Vorbildliches geleistet« habe. So eine Unverfrorenheiteit haben wir unserem Innensenator bei aller Skepsis gegen seine Person bisher nicht zugetraut. Seine Bemerkung ist ein Schlag in das Gesicht all der vielen türkischen und deutschen Augenzeugen, die von ungeheuerlichen Polizeiübergriffen bei der Abschlußkundgebung berichten.

Daß es viele Jugendliche gab, die an einem Krawall großes Interesse hatten, ist unbestritten. Auch der Türkische Elternverein leugnet dies nicht. Aber das Gros der Demonstrationsteilnehmer stand für einen friedlichen Schweigemarsch. Der Ausdruck dafür waren die 200 Ordner, die alles dafür taten, die aufbegehrenden Jugendlichen in Zaum zu halten. Die entscheidende Frage ist somit nicht, wann und wo die ersten Steine flogen, sondern, was die Polizei getan hat, um eine Eskalation zu verhindern. Nach allem, was die Augenzeugen von den Mitgliedern des Türkischen Elternvereins über den SPD-Abgeordneten Barthel bis hin zum Studienrat einer Kreuzberger Fachschule berichteten, lautet die Antwort: Sie hat Öl ins Feuer gegossen. »Vorbildliche« Beamte gingen so hart gegen die Kundgebungsteilnehmer vor, daß der SPD-Abgeordnete Barthel nicht mehr hinsehen konnte, und ein Studienrat dachte, er habe Skinheads mit Baseballschlägern vor sich. Die Gräben in der Stadt sind seit dem 16. November tiefer denn je. Wenn es noch eine Hoffnung gibt, dann die, daß die gestern angekündigte Kommission die Ereignisse beim Trauermarsch einer ernsthaften Prüfung unterzieht. Das mindeste wäre es, daß sich Innenstaatssekretär Jäger dafür zur Verfügung stellt, nachdem sich sein Innensenator so desavouiert hat. Plutonia Plarre

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