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KOMMENTAREAsyl nur noch bei Direktflug

■ Auf kaltem Wege plant Bonn die faktische Abschaffung des Asylrechts

Wer das Grundrecht auf Asyl mißbraucht, muß damit rechnen, daß sein Begehren als „unbeachtlich“ eingestuft und er selbst abgeschoben wird. Genau das wäre die adäquate Antwort auf den neuesten Bonner Gesetzentwurf zum Asylrecht.

Um die Folgen der verquasten juristischen Formulierungen zu verdeutlichen, könnte man Artikel16, Absatz II, Satz 2 des Grundgesetzes etwa so „ergänzen“: „Politisch Verfolgte genießen vielleicht Asylrecht — vorausgesetzt, sie haben einen Direktflug in die Bundesrepublik gebucht.“ Denn falls der Entwurf Gesetz wird, können Flüchtlinge, die auf dem Weg in die Bundesrepublik ihren Fuß auf das Territorium eines Schengener Vertragsstaates gesetzt haben — und sei es nur zur Zwischenlandung in Paris oder Amsterdam —, dorthin zurückgeschoben werden.

CDU und Bundesregierung hätten dann gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Erstens: Dem Koalitionspartner FDP, in dessen Reihen immer noch ein paar Abgeordnete mit notorischer Sympathie für das Grundrecht auf Asyl sitzen, öffnet man ein Hintertürchen. Artikel 16, Absatz II, Satz 2 wird faktisch abgeschafft, darf aber als Tribut an den Denkmalschutz vorerst im Grundgesetz stehenbleiben. Zweitens: Man könnte das Ansehen des wiedervereinigten Deutschlands im Ausland weiter stärken und in ein paar Jahren wieder Festakte anläßlich des Bestehens der Genfer Flüchtlingskonvention und vielleicht sogar des Artikel 16 feiern — allerdings ohne die lästige Begleiterscheinung wahrhaftiger Asylberechtigter.

Der vorliegende Entwurf ist nicht nur verfassungswidrig — was im übrigen auch für frühere Änderungen des Asylrechts gilt. Deutlich wird, daß man in Bonn ein besonders gut gesichertes Türmchen in der „Festung Europa“ beziehen möchte. Zumal auch an der osteuropäischen Grenze längst vorgesorgt ist. Polen wurde schon vor Monaten verpflichtet, alle Ausländer, die illegal über polnisches Territorium in eines der Schengen-Länder eingereist sind, wieder aufzunehmen.

Die legale Einreise ist für politisch Verfolgte faktisch unmöglich. Für die illegale Einreise ist der Bundesgrenzschutz zuständig. Wer auf diese Weise die politisch verfolgten Flüchtlinge aus Deutschland verschwinden läßt, der kann um so leichter behaupten, es gebe kaum mehr politische Verfolgung.

Bleibt die Frage: Wer widerspricht, wer empört sich außer den immergleichen Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen? Im Bundestag, so steht zu befürchten, wird die Debatte um den Gesetzentwurf vor halbleeren Rängen stattfinden. Es geht ja schließlich nicht um die Erhöhung der Diäten. Andrea Böhm

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