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KOMMENTARMenschenrechte und Eigeninteressen

■ Warum bewegt sich in bezug auf die Menschenrechtsverletzungen in Birma erst jetzt, und so langsam, etwas in der internationalen Öffentlichkeit?

Birmas Junta hat eine drastische Erhöhung ihres Militärbudgets angekündigt. Die gnadenlose Unterdrückung der politischen Opposition und der Vernichtungsfeldzug gegen die ethnischen Minderheiten an vielen Fronten ist teuer; die Waffen, die aus China, Singapur und anderswo bezogen werden, werden mit der hemmungslosen Ausbeutung der Ressourcen des Landes finanziert. An Nachschub von Kriegsgerät hat es nie gefehlt, und insbesondere — aber nicht nur — die asiatischen Nachbarn haben sich bis vor kurzem noch bestens mit den Herren in Rangun verstanden. Verdienen sie doch seit Jahren gut an dem Krieg in Birma.

Als im vergangenen Jahr die charismatische Oppositionelle Aung San Suu Kyi den Nobelpreis erhielt und in Europa und den Vereinigten Staaten die dramatische Menschenrechtssituation in Birma zum Thema wurde, da rückten die asiatischen Nachbarn des Landes zusammen und erklärten, die Westler sollten sich da raushalten. Denn: Erstens sei das „westliche Menschenrechtskonzept“ völlig den asiatischen Kulturen fremd. Zweitens verbitte man sich eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten souveräner Staaten. Drittens sei die ganze Aufregung ein Ausbund von Heuchelei, komme sie doch aus Ländern, die in ihrer kolonialen Praxis und überhaupt in ihrer Politik gegenüber der Dritten Welt genug eigenen Dreck am Stecken haben. Und viertens versuche man auf eigene Weise, die Junta in Rangun zu mäßigen, nämlich durch „konstruktive Kooperation“.

Von westlicher Doppelmoral sprachen aber auch die birmesischen Dissidenten. Schließlich sahen sie, daß die UNO interveniert oder zumindest Menschenrechtsverletzungen verurteilt, wo es im wirtschaftlichen oder strategischen Interesse des Westens liegt — der Golfkrieg schien das ja auch zu bestätigen.

So einfach aber liegt die Sache nicht. In jüngster Zeit kommen neue Töne auch von den Regierungen in Asien. Seitdem die Junta in Birma ihren Vertreibungsfeldzug gegen die moslemische Minderheit ihres Landes unternimmt und nun täglich Tausende Rohingyas ins benachbarte Bangladesch flüchten, haben Indonesien und Malaysia begonnen, die Junta öffentlich zu kritisieren. Schließlich betrifft es dieses Mal nicht irgendwelche Minderheiten, sondern Moslems, und die Regierungen dieser beiden Länder müssen der Reaktionen ihrer eigenen moslemischen Bevölkerung Rechnung tragen. Thailand hingegen befürchtet eine neue Zuwanderung von Flüchtlingen, seitdem die birmesische Junta an seiner Grenze eine Großoffensive gegen die Karen-Minderheit gestartet hat.

So hat sich die Interessenlage der asiatischen Nachbarn also verändert. Vielleicht können die BirmesInnen daraus Hoffnung schöpfen, daß der internationale Druck auf das Regime irgendwann einmal dazu führen kann, daß Aung San Suu Kyi tatsächlich Präsidentin ihres Landes wird. Jutta Lietsch

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