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KOMMENTARHurra, Berlin chaotenfrei

■ Der Senat zeigt, wie Berlin hauptstadtrein gemacht wird

Man muß sich wundern. Alles halb so schlimm, nichts passiert, viel weniger Schäden als in den Vorjahren, lauten die zufriedenen Anmerkungen aus dem Senat zur Bilanz der 1.-Mai-Krawalle. Wie die Bewertung dieser Nacht ausgesehen hätte, gäbe es noch eine rot-grüne Koalition in Berlin, kann man sich lebhaft ausmalen. Da wäre mindestens vom blindwütigen Chaos die Rede gewesen, dem die Stadt hilflos ausgeliefert sei. Aber hinter der milden Würdigung des Senats steckt nicht eine mentale Normalisierung, gar Gelassenheit gegenüber solchen gewalttätigen Eruptionen — unberechenbaren wie quasi traditionellen —, die zu dieser Stadt gehören wie anderenorts das Oktoberfest mit Massenschlägereien bezechter Gäste im Bierzelt. Akzeptabel macht diese Feststellung übrigens diese Ausbrüche von Gewalt mitnichten; sie relativiert bloß die Suche nach tieferen Gründen für dieselbe. Randale hätte es in jedem Fall gegeben, weil der Tag die Wünsche nach Gewalt und Zerstörung wie ein rituelles Datum bündelt; politischer Begründungen oder herbeigezerrter Parolen bedarf es dabei nicht. Die Vielzahl der in der Stadt tatsächlich vorhandenen Probleme aufzuzählen, wie es die AL Kreuzberg in einer bemühten Rechtfertigungserklärung macht, und die Randale als »Notwehr« zu stilisieren ist deswegen nur dümmlich.

Aber den Senat treibt etwas anderes beim Schulterklopfen in eigener Sache. Hier wird tiefgestapelt, weil es um das Hauptstadtimage geht: Der Bundestag soll nicht aus Angst vor dem Pöbel doch in Bonn bleiben wollen. Diese Art Stadtbildpflege könnte einem egal sein, wenn der Polizeieinsatz nicht signalisierte, wie der Senat hier künftig harken will. Schluß mit der Deeskalation und draufgehauen, hatte der Regierende Bürgermeister vor ein paar Wochen verkündet — Innensenator Heckelmann hat die Order am 1. Mai umgesetzt. Kritische Stimmen aus der Polizeiführung wurden offenbar zum Schweigen gebracht. Der »erfolgreiche« Einsatz mit 5.000 Polizisten traf denn auch in vielen Fällen die Falschen: die Anwohner, unbeteiligte Passanten und auch Journalisten. Die andere Botschaft des 1. Mai ist deshalb viel bedrohlicher: Die gesamte Hauptstadt wird künftig knüppelrein zur Bannmeile gemacht — falls sich die SPD nicht doch noch eines Innensenators Pätzold erinnert. Gerd Nowakowski

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