KOMMENTAR: Umgeben von Antis
■ Diepgen gegen die Anti-Berliner und Anti-Politiker
Berlin, so läßt uns der Regierende Bürgermeister wissen, braucht für Olympia kein Geld. Der trotzige Unterton Diepgens ist nicht zu überhören, schließlich hat Bundesfinanzminister Waigel genau dieses Geld zum wiederholten Male verweigert. Na bitte, wird Waigel nun denken und sich dieser Diepgen- Replik in Zukunft immer wieder gerne erinnern. Woher Diepgen weiß, daß Barcelona bewiesen habe, daß man mit Olympia Geld verdienen kann, bleibt vorerst sein Geheimnis. In einer bemerkenswerten Präzisierung hat Diepgens Sprecher dies profitable Terrain allerdings gleich auf die reine Durchführung der Veranstaltung reduziert. Tatsache bleibt jedenfalls, daß in der katalanischen Metropole unmittelbar nach dem Abpfiff der Spiele die Mehrwertsteuer, die Lohnsteuer und die Metropreise drastisch erhöht wurden — letztere bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr. Die Stadt hält zudem weitere staatliche Investitionen für notwendig, um die gigantischen Hallen und Stadien weiter nutzen zu können. Dies ignoriert der Senat. Vielmehr läßt Diepgen seinen Sprecher den Bonner Kassenwart kurzerhand als einen »Anti-Politiker« beschimpfen, von dem nur »Verweigerungsargumente« kämen. Was lehrt uns das? Offenbar gehen dem Regierenden die Nerven durch, weil ihm im Ringen um Olympia 2000 die Felle wegschwimmen und die Berliner ebenso ablehnend bleiben wie die Bundespolitiker. Außerdem offenbart es eine seltsame Verhaltenskonstanz. Als am 1. Mai 1987 zur 750-Jahr-Feier Kreuzberg brannte, machte Diepgen dafür »Anti-Berliner« verantwortlich. Damals wurde ausgebürgert, was die Feierstimmung störte. Heute wird ausgeblendet, was nicht ins Wunschbild paßt. Solches Verhalten empfiehlt Diepgen in Bonn kaum für realistische Durchsetzungsstrategien zum Vorteil Berlins. Das ist in der Frage Olympia egal. Es beleuchtet aber, warum der Senat beim Hauptstadtumzug so langsam voran kommt. Gerd Nowakowski
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