KOMMENTAR zum Ende von Jamaika: Die große grüne Volkspartei
Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus haben es zwar immer gern bestritten, aber tatsächlich oft genug als de facto Jamaika-Koalition in der Opposition mit CDU und FDP zusammen gearbeitet. Nun hat sie mit den Liberalen gebrochen.
Endlich haben es die Grünen der FDP mal so richtig gegeben. Nicht politikfähig seien die Liberalen, urteilt die Fraktionsspitze der Grünen. Zu Recht. Und der linke Flügel, der seine Parteiführung unbeirrbar auf dem Weg gen Jamaika wähnte, atmet erleichtert auf.
Doch genau vor einem Jahr hatte Fraktions-Lautsprecher Volker Ratzmann schon einmal einen klaren Trennstrich gezogen: Weil sich die Initiatoren der Tempelhof-Besetzung nicht in aller Deutlichkeit von vermutlich linksextremen Autoanzündern distanzierten, schmiss Ratzmann zivil Ungehorsame mit Brandstiftern in einen Topf, rührte um und schimpfte über "Kieztaliban". Das alternative Bürgertum war beruhigt.
Ein Jahr später riefen die Grünen dennoch mit zur Nazi-Blockade auf, obwohl dies nicht nur ziviler Ungehorsam war, sondern auch eine Zusammenarbeit mit linksradikalen, gewaltnahen Antifas. Weil die FDP auf diesen Widerspruch mit unangemessener Wortwahl hinweist, kann Ratzmann sich nun wie ein Löwe vor die engagierten Blockierer werfen. Nun kann sich die linksalternative Szene wieder daheim fühlen bei den Grünen.
So bedient die große grüne Volkspartei erfolgreich mal die eine, mal die andere Klientel. Gut möglich, dass die Zickzack-Grünen bis zur Wahl 2011 mehr Anhänger hinter sich scharen als die CDU. Nur um den Preis, dass niemand weiß, wohin das führt. So ist das bei Volksparteien.
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