KOMMENTAR ZUR A 100: Straßen für die radikale Minderheit
Die Verkehrspolitik in Berlin hat ein falsches Maß.
D as Auto ist des Deutschen liebstes Kind. Diese Mär hat sich – auch dank einschlägiger Propaganda der Pkw-Industrie – in den Köpfen festgesetzt. Und so ist es kaum verwunderlich, dass die Mainstreamparteien ihre Politik immer noch am Wähler hinterm Steuer orientieren. Und Autobahnen planen. Auch in Berlin. Quer durch die Stadt. Dabei sollte doch echten Lokalpolitikern wenigstens eines klar sein: Berlin ist anders als der Rest der Republik. Erst recht, was das Mobilitätsverhalten der Bewohner betrifft.
Ein Blick auf ein paar Zahlen sollte dafür genügen. In ländlichen Gegenden kommen fast 1.000 Pkws auf 1.000 Einwohner. Im Bundesschnitt sind es noch 573. In Berlin waren es schon vor zehn Jahren nur 364. Laut jüngsten Zahlen sind es gerade noch 319. In einigen Innenstadtkiezen finden sich sogar weniger als 200 Pkws pro 1.000 Einwohner.
Autofahrer sind längst eine radikale Minderheit in der Metropole. Dennoch sollen sie ein paar Kilometer Autobahn für 470 Millionen Euro bekommen. Fahrräder trifft man laut offizieller Statistik in Berlin doppelt so häufig an wie Autos. Dennoch investiert der Senat jährlich in den Radwegeausbau gerade mal 5,5 Millionen Euro.
ist Co-Leiter des Ressorts taz.eins.
Planmäßige Fehlstellung
Gegner und Befürworter der A 100 setzen nun auf das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Das mag eine weise Entscheidung über die Rechtmäßigkeit eines Planfeststellungsverfahrens finden. An der planmäßigen Fehlstellung der Prioritäten in der Berliner Verkehrspolitik aber wird das leider gar nichts ändern.
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