KOMMENTAR SYRIEN: Hoffnung für Syrien
Die verabschiedete Präsidialerklärung ist keine völkerrechtlich verbindliche Resolution. Doch immerhin erhöht sie den Druck auf das Regime.
N ach über neunmonatiger Blockade des UNO-Sicherheitsrates in Sachen Syrien ist seine am Mittwoch mit Zustimmung aller 15 Mitglieder verabschiedete Präsidialerklärung zumindest ein kleiner Fortschritt. Er wurde möglich, weil sich der Text auf das vordringliche Ziel beschränkt, die Gewalt und das Blutvergießen in Syrien so schnell wie möglich zu beenden und die notleidende Zivilbevölkerung endlich mit überlebenswichtigen humanitären Gütern zu versorgen.
Eine derartige Erklärung wäre schon vor Wochen mit Zustimmung Russlands und Chinas möglich gewesen, hätten die westlichen Ratsmitglieder in ihren Textentwürfen nicht stets auf Verurteilung des Regimes in Damaskus, Sanktionsandrohungen und Ultimaten an die Adresse Assads bestanden. Wenn diese Erklärung auch keine völkerrechtlich verbindliche Resolution ist, erhöht sie den Druck auf das für die Gewalteskalation hauptverantwortliche Regime wie auf die mit militärischen Mitteln kämpfenden Teile der Opposition, die Waffen endlich ruhen zu lassen.
Das ist die beste, ja die einzige Chance, einen landesweiten, langwierigen Bürgerkrieg mit vielen zehntausend Toten und dem wahrscheinlichen Zerfall des Landes zu verhindern. Gelingt und hält die Waffenruhe, gibt es auch Spielraum zur Entsendung einer Beobachtermission mit einem weitergehenden Mandat und größerer Bewegungsfreiheit, als sie der ersten gemeinsamen Mission von UNO und Arabischer Liga gewährt wurden.
ist UNO-Korrespondent der taz mit Sitz in Genf. Zuletzt veröffentlichte er "Die kommenden Kriege - Präventivkrieg als Dauerzustand?" bei Kiepenheuer und Witsch.
Entscheidend für den Erfolg aller weiteren Schritte ist, dass Russland und China eingebunden bleiben und sich aktiv beteiligen. Das erhöht die Chance, dass es nach Sicherung einer Waffenruhe auch zu den für eine politische Lösung unumgänglichen Verhandlungen zwischen Opposition und Regime kommt. Und dass bei diesen Verhandlungen der Machtverzicht Assads vereinbart wird. Wer diesen jedoch zur Vorbedingung macht für Verhandlungen, bewirkt die Fortsetzung und Eskalation der Gewalt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Ende der scheinheiligen Zeit
Hilfe, es weihnachtete zu sehr
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“