KOMMENTAR NIEDERSACHSEN : Ein Mini-Wulff
Neuerdings sollen in Deutschland also Landesregierungen stürzen, weil sich ein Staatssekretär einen zu großen Dienstwagen gönnt und eine Klimaanlage ins Büro einbauen lässt? Wenn das, was die Opposition derzeit in Niedersachsen an Säuen durch Hannover treibt, zum Maßstab wird, dann überlebt kein Ministerpräsident länger als ein paar Wochen.
Die Details: Die 2013 frisch gewählte, rot-grüne Landesregierung lockt den grünen Staatssekretär Udo Paschedag von Nordrhein-Westfalen nach Niedersachsen und besoldet ihn eine Stufe höher als alle anderen Staatssekretäre. Der Mann lässt sich einen Audi A 8 als Dienstwagen leasen, weil nur der – so Paschedag – gegen den schmerzenden Rücken helfe, offenbar stand ihm aber nur ein Mittelklassewagen zu. Er vermerkt handschriftlich, der Ministerpräsident habe zugestimmt – was wahrscheinlich schlicht nicht stimmte. Zudem lässt er sich noch eine Klimaanlage ins Büro einbauen. Jetzt beruft ihn Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) nach wochenlangem Zögern und erst durch gehörigen öffentlichen Druck ab, die Opposition setzt einen Untersuchungsausschuss ein und will wissen, ob Weil den Vermerk früher kannte, als er öffentlich einräumte.
Unmissverständlich: Ein Staatssekretär, der lügt, gehört gefeuert. Lächerlich und unglaubwürdig machen sich zudem die rot-grünen Landesregierenden, die während der Wulff-Affäre, damals noch in der Opposition, moralsauer auf schwarz-gelben Filz eindroschen. Jetzt haben sie, kaum dass sie regieren, einen Mini-Wulff in den eigenen Reihen.
Mehr aber auch nicht. In Baden-Württemberg kaufte der ehemalige Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) unter Bruch der Verfassung für einen Milliardenbetrag dem Land einen Atomkonzern – das ist ein Skandal. In Rheinland-Pfalz wollte sich ein Kurt Beck (SPD) mit dem Nürburgring ein Denkmal setzen und setzte Millionen von Steuergeldern für eine Rennstrecke in den Sand – das ist ein Skandal. Im Vergleich zu anderen landespolitischen Eskapaden ist die Causa Paschedag ein Witz. INGO ARZT
Zwischenstand SEITE II