KOMMENTAR: JAN ZIER ÜBER DIE WESERBURG : Konsequent, aber gefährlich
Es ist ein Tabubruch, der – zumindest in Bremen – nicht als solcher verstanden werden will: Das Museum Weserburg versteigert das wohl wertvollste Werk, das es sein Eigen nennt: Die „Matrosen“ von Gerhard Richter. Die Millionen, die es erlösen soll, werden für die dringend nötigen Investitionen ins eigene Haus gebraucht. Oder für den Umzug in ein anderes Domizil.
Das ist konsequent. Denn die Weserburg hatte nie eine ernsthafte Chance, mehr zu sein als ein Sammlermuseum. Auch wenn ihr Gründungsdirektor Thomas Deecke etwas anderes wollte. Sein Traum, eine eigene und vor allem renommierte Sammlung zu besitzen, ist nun offiziell ad acta gelegt. Die Weserburg konzentriert sich auf das, was sie nach ihren Gründungsdokumenten sein soll.
Dass im Zuge dessen das Filetstück nicht etwa in ein anderes Museum für moderne Kunst wandert, sondern dem freien Markt anheim fällt, hinterlässt einen fahlen Nachgeschmack. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung nennt es ein „dramatisches Warnsignal“, spricht von einen „Dammbruch“. Das mag etwas übertrieben sein, zumal die Vorreiter dieser unguten musealen Entwicklung anderswo sitzen – und längst nicht mehr nur in Amerika. Noch hält das Tabu, weitestgehend, nicht nur in Bremen. Noch. Doch am Ende könnte das Beispiel, wider Willen, Schule machen.