KOMMENTAR GRÜNE GEGEN GRÜNE: Plötzlich ist Wowereit doch tragbar
Hauptsache, Renate Künast regiet die Stadt? Grüne Parteilinke sind offenbar bereit, dieses Wahlziel zu opfern.
L inke Grüne werfen Journalisten schon mal Propaganda für ein Bündnis mit der CDU vor, wenn die eine solche Koalition thematisieren. Die Grundlage dafür aber hat ihre Partei selbst geschaffen. Seit dem vergangenen Herbst waren die Grünen mit zwei klaren Ansagen unterwegs. Erstens, sinngemäß: Wowereit ist verbraucht, hat die Stadt runtergewirtschaftet und muss weg. Zweitens: Künast soll stattdessen Regierende Bürgermeisterin werden. Mit beidem brechen Parteilinke jetzt.
Die ganz Optimistischen unter den Grünen mögen vielleicht gehofft haben, dass sie am Wahlabend vor der SPD liegen. Dass aber der Anspruch auf das Rote Rathaus nur unter dieser Voraussetzung gilt, das war weder von Künast zu hören, noch ist es so im Wahlprogramm zu lesen.
Stattdessen steht darin, dass Berlin "eine frische, engagierte und zukunftsorientierte Landesregierung unter Führung einer Regierenden Bürgermeisterin Renate Künast" brauche. Und dieses Programm hat die Partei, trotz etlicher Kontroversen in einzelnen Punkten, im März einstimmig beschlossen. Also auch mit jenem linken Flügel, der Grün-Schwarz so verteufelt.
Seither ist Wowereit lächelnd durch die Stadt gezogen, hat Rosen und Wowi-Bären verteilt und sich für ein Wahlplakat von einer Krokodil-Handpuppe beißen lassen. Kann das etwas ändern an der so lange geäußerten Kritik, der Mann könne es nicht? Nein. Dennoch haben die linken Grünen kein Problem damit, ihm zu fünf weiteren Jahren im Amt zu verhelfen, statt das Wahlziel zu erreichen und Renate Künast ins Rote Rathaus zu bringen. Wie unglaubwürdig!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Syrien nach Assad
„Feiert mit uns!“