KI hilft beim Ultraschall: Ist es wirklich ein Baby?

Im OP-Saal, am Unfallort oder beim Baby-Scan: Ultraschall kommt in den unterschiedlichsten Situationen zum Einsatz. Das ermöglichen neue Technologien.

Ein Finger zeigt auf ein Ultraschall-Bild

Da! Dieses Baby hat einen so großen Kopf, dass es auch ein Mensch erkennen kann – nicht nur die KI Foto: Daniel Karmann/dpa/picture alliance

EHRBACH taz | Irgendwie weiß man: Mit Ultraschall, auch Sonografie genannt, können Dinge im Körper sichtbar gemacht werden. Von einem Herzultraschall etwa haben sicher viele schon gehört, und beim Betrachten von manchen Ultraschallbildern entweicht manchmal ein „Oooh, da sieht man ein Händchen“ – nämlich, wenn werdende Eltern von einer Vorsorgeuntersuchung mit einem neuen Bild ihres Nachwuchses kommen. Doch eigentlich handelt es sich bei Ultraschalluntersuchungen nicht um eine einzige Methode. Es gibt viele Varianten, die bei unzähligen medizinischen Fragen nützlich sind.

Zunächst einmal der Grundsatz: Über eine Sonde werden Ultraschallwellen in den Körper geschickt. Dort breiten sie sich aus. Sie kommen aber nicht durch jedes Gewebe gleich gut hindurch. Manchmal werden sie teilweise oder auch vollständig zurückgeworfen. Diese wiederkehrenden Signale fängt die Sonde auf und schickt die Daten an einen Computer. Hier wird nun berechnet, wie sich die gesendeten und die empfangenen Wellen voneinander unterscheiden. Heraus kommt ein Bild aus Grautönen. Je besser die Ultraschallwellen durch den Körper gelangen, desto dunkler wird es: Flüssigkeiten etwa sind auf dem Bild schwarz, weil die Wellen problemlos durch sie hindurchgehen. Knochen hingegen werfen sie zurück und werden daher hell dargestellt.

Ein sehr großer Vorteil der Ultraschalluntersuchungen gegenüber etwa der Computertomographie (CT) oder der Magnetresonanztomografie (MRT) ist, dass sie Strahlen- und Nebenwirkungsfrei sind. Allerdings sind die Bilder nicht selbsterklärend. Schon bei einem Baby-Ultraschall ist es für ungeübte Augen manchmal schwierig, das werdende Menschlein zu erkennen. Sollen nun gar winzige Gewebeveränderungen an einem Organ festgestellt und eingeschätzt werden, müssen selbst Fachleute ganz genau hinschauen. „Dazu muss man gut ausgebildet sein“, sagt André Farrokh, leitender Oberarzt an der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe der Uniklinik Schleswig-Holstein. Eine gute Diagnose hängt sowohl von der Scan-Technik als auch von der Beurteilung der Bilder ab.

KI wird durch Training verbessert

Hier könnte eine Technologie helfen, die derzeit in vielen Lebensbereichen getestet wird: die künstliche Intelligenz. Im Fall der Ultraschalluntersuchung könnte KI bei der Analyse unterstützen, erklärt Farrokh: „Sie kann etwa helfen, Auffälligkeiten schnell und zuverlässig zu erkennen.“ So würden Kapazitäten für die Pa­ti­en­t*in­nen frei, die tatsächlich behandelt werden müssen. Damit das funktioniert, wird KI beispielsweise mit Bildern von Tumoren trainiert, von denen man schon weiß, ob sie gut- oder bösartig sind. Je mehr Bilder, desto besser, denn so lernt sie, die Daten richtig einzuschätzen. Dieser Prozess ist allerdings langwierig, denn Ex­per­t*in­nen müssen die Aufnahmen entsprechend markieren und zur Verfügung stellen.

Ist erst einmal ein passender Algorithmus gefunden, könnte der technische Assistent auch beim Training neuer Fachleute helfen, sagt Farrokh: „Erste Studien deuten darauf hin, dass KI in der Auswertung der Bilder genauer ist als unerfahrene Ärztinnen und Ärzte am Anfang ihrer Ausbildung.“ So könne sie als eine Art Sicherheitsnetz fungieren, wenn man sich unsicher ist.

Dazu kommt: Nach einem Ultraschall müssen die Ärz­t*in­nen Berichte über ihre Befunde schrei­ben. Das raubt viel Zeit und ist in erster Linie Fleißarbeit. Chinesische Forschende schlagen deshalb vor, diese Berichte zunächst von einer KI erstellen zu lassen. Dann bräuchten Ärz­t*in­nen hinterher nur noch die Formulare durchgehen und notfalls kleine Korrekturen vornehmen, anstatt alles selbst zu tippen. „KI-Werkzeuge könnten in näherer Zukunft den Ra­dio­lo­g*in­nen helfen, mit ihrer überwältigenden Masse an Berichten fertig zu werden“, hofft Minerva Becker, Radiologin am Universitätsspital Genf. Das gebe ihnen die Möglichkeit, mehr mit den Pa­ti­en­t*in­nen zu sprechen.

Gleichzeitig arbeiten Forschende daran, die Ultraschall-Analyse selbst weiter zu verbessern. Mit Hilfe von Kontrastmitteln soll die Bildqualität erhöht werden, um sie sicherer zu interpretieren. „Mit der Kontrastmittelsonografie können wir innerhalb weniger Minuten sagen, ob eine Gewebeveränderung gutartig oder bösartig ist“, sagt Dirk-André Clevert, Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Radiologie am Universitätsklinikum München. Mit dieser Methode könne man relativ kostengünstig, sehr schonend und mit hoher Auflösung eine große diagnostische Sicherheit erlangen.

Mobile Geräte mit neuer Technologie
André Farrokh, Oberarzt

„KI kann helfen, Auffälligkeiten bei der Auswertung zuverlässig und schnell zu erkennen“

Dazu werden winzige Gasbläschen eingesetzt, die sich in den Blutgefäßen bewegen und das Ultraschallsignal verstärken. Diese Bläschen bestehen aus Schwefelhexafluorid, einem schwer wasserlöslichen Gas, das kaum mit seiner Umwelt interagiert und daher die Funktion der Organe nicht beeinflusst. So kann die Kontrastmittelsonografie problemlos mehrfach angewandt werden, ohne einen Schaden zu verursachen. Zum Einsatz kommt sie bisher vor allem bei Untersuchungen der Leber. Clevert hofft, dass sich die Methode umfassender durchsetzen wird. Denn: „Die Kontrastmittelsonografie hat Vorteile an allen Organen, die wir gut mit Ultraschall untersuchen können.“

Eine noch weitreichendere Errungenschaft beim Ultraschall klingt zugleich unspektakulär: Die benötigten Geräte sind mittlerweile sehr klein und mobil. Sie passen in die Tasche eines Laborkittels und wiegen teils weniger als ein halbes Kilo. Das bedeutet, dass die Pa­ti­en­t*in­nen nicht zum Ultraschallgerät kommen müssen, weil das Gerät zu ihnen kommt – und zwar in fast jeder Situation: am Unfallort, im Rettungshelikopter, an der Kriegsfront und sogar auf der Internationalen Raumstation. So können Fachleute praktisch überall eine schnelle Untersuchung durchführen.

Immer mehr an Bedeutung gewinnt zudem der intraoperative Ultraschall. „Bisher müssen wir etwa bei einer Brustkrebsoperation vor dem Eingriff zur Markierung einen dünnen Draht an die Stelle schieben, die wir entfernen wollen“, sagt Oberarzt Farrokh. Auch die ungefähre Größe des Tumors mussten sie sich vor der Operation auf den Ultraschallbildern ansehen und einprägen. In einige Zentren werden nun stattdessen hochfrequente Ul­traschallsonden eingesetzt. „So sehen wir in Echtzeit, was wir tun und ob der Tumor vollständig entfernt ist.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.