: KGB revolutionär?
■ Förderte der sowjetische Geheimdienst den Umbruch in der CSSR
Prag (ap) - Der sowjetische Staatssicherheitsdienst KGB hat nach einem Bericht der Prager Nachrichtenagentur CTK möglicherweise eine fördernde Rolle bei der friedlichen Revolution gespielt, die sich Ende vorigen Jahres in der Tschechoslowakei ereignete. CTK berichtete am Mittwoch, darauf deuteten Untersuchungsergebnisse einer Parlamentskommission hin, die aber noch keine völlige Klarheit erbracht hätten.
Der Umschwung in der CSSR nahm seinen Ausgang mit einer am 17. November in Prag von der Polizei brutal niedergeschlagenen friedlichen Studentenkundgebung. Anhaltende Proteste in den beiden folgenden Wochen erzwangen danach den Sturz des KP-Chefs Milos Jakes.
Laut CTK heißt es in dem Kommissionsbericht, der Schlüssel zum Verständnis dieser Geschehnisse liege offenbar in der unlogisch erscheinenden Untätigkeit des Prager Innenministeriums nach dem 17. November. Die Polizei sei gegen die Protestaktionen nicht eingeschritten. Man habe es im Gegenteil geduldet, daß sich ein Bürgerforum als Dachorganisation der Oppositionsgruppen etablierte.
Einer der leitenden Beamten des tschechoslowakischen Staatssicherheitsdienstes, Generalleutnant Antonin Lorenz, habe sich am 17. November zu einem Arbeitsessen mit dem stellvertretenden KGB-Chef namens Gruschko getroffen. Während dieses 90 Minuten dauernden Essens habe Lorenz etwa 20 Telefongespräche geführt, zitiert CTK aus dem Kommissionsbericht. Nach vorliegenden Informationen habe Lorenz bereits im August und September vorigen Jahres in Moskau mit KGB-Chef Wladimir Krujtschkow und dessen Stellvertretern konferiert.
Über den Inhalt dieser Gespräche in der Sowjetunion allerdings sei nichts bekannt.
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