KAMPFKANDIDATUR IN DER CDU: MERZ SOLL RÜTTGERS VERDRÄNGEN: Die Konservativen wollen NRW
Die konservative Beharrungsfraktion in der CDU hat Friedrich Merz als Alternative zu Jürgen Rüttgers als Parteivize im Bundesvorstand vorgeschlagen. Der spröde ehemalige Chef der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, der für Angela Merkel diesen Posten räumen musste, gegen den umtriebigen Landesvorsitzenden in Nordrhein-Westfalen – da darf sich die SPD an Rhein und Ruhr freuen: Hieße der Herausforderer bei den kommenden Landtagswahlen Merz, sie brauchte sich um das Ergebnis keine großen Sorgen mehr zu machen.
Denn gewonnen werden NRW-Wahlen nicht in den schwarzen Hochburgen auf dem Land, sondern in den Großstädten des Ruhrgebiets und in der Metropole Köln. Dort hat jedoch die CDU nur als urbane, liberale und soziale Formation eine Chance. Der Rückschlag, den die CDU in Köln bei der Bundestagswahl erleben musste, spricht Bände. Vor etwa drei Jahren verdrängte sie hier die SPD von der Macht und stellt seitdem den Oberbürgermeister, doch für Stoiber und den NRW-Spitzenkandidaten Merz konnten sich gerade mal 29,7 Prozent der Wähler erwärmen – trotz SPD-Spendenskandal. Der Unterschied zwischen dem Wahlsieg damals und dem Desaster heute: Die Kölner CDU gab sich weltoffen und liberal, warb sogar offensiv um Stimmen von Schwulen und Lesben. So etwas wäre mit Merz nicht zu haben. Der Sauerländer, der einst wegen Franz-Josef Strauß in die CDU eintrat, steht für einen Konservatismus, der zwar viel Tradition, aber wenig Zukunft hat.
Rüttgers hingegen will seine Partei modernisieren. Er weiß, dass er den Geruch der konservativen Mottenkiste abschütteln muss. Er unternimmt ernsthafte Gedankenspiele in Richtung Schwarz-Grün, wenn es etwa um die Ausweitung von Bürgerbeteiligung oder die Skepsis gegenüber Großprojekten wie dem Metrorapid geht.
In NRW sind die Arbeitlosenzahlen hoch, die Haushaltslage ist desaströs und die SPD zu einem Neuanfang unfähig. So stehen die Chancen für die Union an Rhein und Ruhr nicht schlecht – jedenfalls mit Rüttgers sehr viel besser als mit Merz.PASCAL BEUCKER
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