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K O M M E N T A R Teutonen

■ Zur Situation der Grünen

Zwei Momente bestimmten in dieser Woche das Bild der Grünen: die fortschwelende Spaltungsthematik in der grünen Fraktion und der Verhandlungserfolg bei der „Hafenstraße“. In der grünen Fraktion wird mit teutonischem Furor um das gekämpft, was gründeutsch „politische Identität“ heißt; in Sachen Hafenstraße sind die grünen Parlamentarier - am Rande eines innerstädtischen Bürgerkrieges - in der Lage, politisches Handeln über Gesinnung zu stellen. Allerdings konnten die Grünen nur dadurch Parlamentär im besten Sinne sein, daß der Hamburger Bürgermeister die Grünen von Ebermann bis Schily als Verhandlungspartner hatte. Naiv wäre es, jetzt aus dem „Wunder der Hafenstraße“ einen platten Einigungsappell an die Bundestagsgrünen zusammenzuschreiben. Bekanntlich sind Appelle nicht Lösung, sondern Teil der Krisen. Immerhin zählt die Einsicht einiges, daß die „politische Identität“ - die ohne Abgrenzung von der Sozialdemokratie nicht gedeihen kann - etwas ist, was in der praktischen Politik ziemlich unwichtig sein kann. Dennoch: die Krise der Bundestagsfraktion muß ernst genommen werden, auch wenn man nicht mit Otto Schily meint, es sei der „Augenblick der Wahrheit“ gekommen. Es geht hier nicht um Psychologie, sondern um die Flucht der Grünen vor drohender Erfolglosigkeit, vor der gemeinsamen Angst, daß der Marsch unter die Fünf– Prozent–Hürde sich nicht aufhalten lasse. Diese Flucht führt zurück in die klassischen alten Formen des Linienstreits, in dem sich die einen in die „politische Identität“ einbunkern und nur Verräter außerhalb des Bunkers sehen. Diffamierung und Denunziation sind Ausdruck von Bunkermentalität. Die Bundestagsfraktion leistet sich den Luxus, den sich eine Kaderpartei erlauben könnte, und zwar mit allen Elementen: Dossiers, Gesinnungspolizisten, usw. - ein Streit, der mit der makabren Lust auf eine ideologische Schlacht im Teutoburger Wald geführt wird. Dabei, so verdreht sind die Verhältnisse, streitet die Spaltungsrethorik der „Realos“ mit der Spaltung Der Kaderpartei–Stil ist obsolet. Die Grünen sind schließlich historisch Ausdruck eines doppelten Prozesses: In ihnen ging ein die realistische Wendung „der Linken“ in konkret operierende „Ein–Punkt–Bewegungen“. Gleichzeitig nährten sich die Grünen vom Zersetzungsprozeß der herrschenden Parteien. Der gemeinsame Nenner der Grünen war negativ bestimmt ein emphatischer Demokratiebegriff, der dann leider gründeutsch in „Basisdemokratie“ umgetauft wurde. Das Desiderat war, Politik muß einfach sein, daß jeder sie machen kann. Der konservative Förster bis zum „Anti–Imp“ konnten bei den Grünen arbeiten, sofern sie in der Lage wären, ein gemeinsames praktische Ziel zu definieren. Mit anderen Worten: die Grünen sind angetreten mit dem Anspruch, eine den anderen Parteien überlegene Form innerparteilicher Auseinandersetzung zu finden. Insofern ist der Stil Politik. Keine Frage, daß die Grünen unendlich weit von diesem Ideal entfernt sind. Aber sehr wohl noch eine Debatte wert, ob sie sich endgültig und unwiderruflich von diesem Ideal entfernen werden. Jetzt, unter dem Zeichen der Erfolglosigkeit, eine ideologische Säuberung zu beginnen, wäre in der Tat der schnellste Weg zum Ende. Vom Sieg einer Position über die andere überhaupt nichts ab - nur die Existenz der Grünen. Klaus Hartung

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