: Juzi überfallen
■ Rechtsradikale griffen Göttinger Jugendzentrum an / Polizei hielt sich vornehm zurück / Spontane Gegendemonstration
Hannover (taz) - Ungefähr 35 rechtsradikale Skinheads haben am Samtagsabend das Göttinger „Jungendzentrum Innenstadt“ (Juzi) überfallen. Die mit Ketten, Knüppeln und Helmen ausgerüsteten Neonazis versuchten kurz vor 20 Uhr die Türen des Zentrums einzutreten, schossen von außen Gas und warfen Rauchbomben in die Juzi–Räume. Dort befanden sich zu diesem Zeitpunkt erst wenige Personen. Die in der Nähe postierte Polizei machte nach Angaben der Juzi– Besucher keine Anstalten, einzugreifen. Einige Zeit später sammelten sich etwa 200 Besucher und politische Freunde vor dem Jugendzentrum und zogen von dort in die Innenstadt. Als die Neonazis bei einem weiteren Aufmarsch in der Stadt auf die spontane Demonstration stießen, flohen sie in die Tiefgarage eines Hotels und verbarrikadierten sich dort. Nach Angaben der Polizei, die gegen 22 Uhr vor dem Hotel aufzog, war die Gegendemonstration inzwischen auf 400 Antifaschisten angewachsen. 25 größtenteils aus Hannover, Hildesheim und Braunschweig stammende Neonazis wurden anschließend „zum Schutze der eigenen Person“ vorläufig festgenommen. Die Polizei erteilte ihnen einen sogenannter „Platzverweis“. Begleitet von der Polizei mußten sie das Stadtgebiet von Göttingen verlassen. Ein Teil der verwiesenen Rechtradiakalen fuhr anschließend in das nahe Göttigen gelegene Dorf Mackenrode, in dem die FAP ein sogenanntes „Nationales Schulungszentrum“ betreibt. Göttinger Antifaschisten zerstörten nach den Festnahmen zwei PKWs der Neonazis und hinterließen in der Wohnung eines Skinheads Buttersäure. In einer Presseerklärung des Juzi–Plenums werden diese Aktionen als „die Antwort auf den zunehmenden Nazi–Terror“ bezeichnet, der stillschweigend von der Polizei toleriert werde. Mehr als ein dutzendmal seien in Göttingen in den vergangenen Monaten vor allem ausländische Jugendliche und Schwule angegriffen worden. Auch für zwei Brandanschläge auf ein Frauenzentrum und ein weiteres Jugendzentrum seien Neonazis verantwortlich.
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