: Justizschelte in Großbritannien
Dublin (taz) — Judith Ward saß 18 Jahre, drei Monate und fünf Tage unschuldig im Gefängnis. Zu diesem Ergebnis kam das Londoner Berufungsgericht am Donnerstag. Die 43jährige war 1974 für einen IRA- Bombenanschlag auf einen Armeebus, bei dem zwölf Menschen starben, zu lebenslänglicher Haft verurteilt worden. Das Urteil basierte auf Wards Geständnis sowie den Aussagen forensischer Experten, die angeblich Sprengstoffspuren an ihren Händen gefunden hatten.
Die drei Richter am „Old Bailey“ gaben der Berufung in allen Punkten statt. Der forensische Test des Wissenschaftlers Frank Skuse sei bereits 1974 diskreditiert gewesen. Darüber hinaus habe das Gericht die „geistige Verfassung“ Wards, als sie ihr Geständnis ablegte, nicht berücksichtigt. In bisher beispielloser Deutlichkeit verdammte das Berufungsgericht den damaligen Prozeß: Es habe eine „konzertierte Aktion“ der staatlichen Wissenschaftler, der Staatsanwaltschaft und der Polizei von West Yorkshire gegeben, die wichtige Informationen „unterdrückten, verdrehten und verheimlichten“, um eine Verurteilung durchzusetzen. Ausgerechnet die West-Yorkshire- Polizei war 1989 mit der Untersuchung gegen ihre Kollegen aus den West Midlands betraut worden, die im ähnlich gelagerten Fall der „Birmingham Six“ Geständnisse erpreßt und Verhörnotizen gefälscht hatten. Ralf Sotscheck
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