Justizaffäre in NRW: Knast für ein paar Currywürste

Ein Untersuchungsausschuss soll klären, wie tief NRWs Umweltminister Uhlenberg (CDU) in die ungerechtfertigte Verhaftung eines missliebigen Ex-Mitarbeiters verwickelt ist.

Currywürste: Dafür geht man doch nicht in den Knast. Bild: dpa

BOCHUM taz|In der Justizaffäre um die Verhaftung eines hochrangigen Mitarbeiters des NRW-Umweltministeriums greift die Opposition zu ihrem stärksten Druckmittel: SPD und Grüne im Düsseldorfer Landtag werden heute die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses beantragen. Die Einsetzung gilt als sicher. "Im Fokus der Untersuchung wird die Leitung des Ministeriums um CDU-Landesumweltminister Eckhard Uhlenberg stehen", sagt SPD-Fraktionsvize Norbert Römer. "Ich hatte immer den Eindruck: die Sache stinkt", so Römer zur taz. "Warum sollte ein betont ökologisch arbeitender Fachmann ausgeschaltet werden", fragt der Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Johannes Remmel.

Rückblende: 275 Polizisten ließ die Staatsanwaltschaft Wuppertal Ende Mai 2008 ausrücken. Durchsucht wurden nicht nur Wohnung und Büro von Harald Friedrich, ehemaliger Abteilungsleiter des Ministeriums und enger Mitarbeiter der grünen Ex-Umweltministerin Bärbel Höhn. Ziel der bundesweiten Razzia waren außerdem Wohn-, Instituts- und Geschäftsräume von zwölf weiteren Tatverdächtigen. Bandenbildung, Korruption, Betrug, Untreue: So lauteten die Vorwürfe der Ermittler, Friedrich wanderte für 22 Tage in Untersuchungshaft. Forschungsmittel in Höhe von über 60 Millionen Euro habe der bekennende Grüne Friedrich den immergleichen Hochschuleinrichtungen und Ingenieurbüros zugeschoben, so der Verdacht des Wuppertaler Oberstaatsanwalts Ralf Meyer.

Ein Jahr später zeigt sich: Ein Großteil der Vorwürfe sind unhaltbar. So habe der Verdacht, Friedrich habe sich durch die Nutzung eines Kleinwagens der Marke Smart bestechen lassen, "nicht erhärtet" werden können, so Staatsanwalt Meyer in einem auf Januar 2009 datierten Schreiben, das der taz vorliegt. Ebenfalls vom Tisch sind Vorwürfe, der frühere Abteilungsleiter habe sich mit einem "hochwertigen Laptop" korrumpieren lassen, eine Festplatte des Ministeriums gestohlen, überhöhte Reisekostenabrechnungen eingereicht oder von Geschäftspartnern eine Reise nach Frankreich bezahlt bekommen.

Eingestellt sind auch Ermittlungen wegen einer Zweckentfremdung von Geldern der Wasserwirtschaftsinitiative (WWI) und anderer Projekte zum Gewässerschutz: Selbst das Umweltministerium habe eingeräumt, "dass die Mittel der Abwasserabgabe im Rahmen des Projekts WWI nicht zweckwidrig verwendet worden seien", schreibt Meyer: "Bei dieser Sachlage ist den an dem Projekt beteiligten Beschuldigten vorsätzliches Handeln nicht nachzuweisen." Übrig bleibt neben anderen Marginalien noch der Vorwurf, Friedrich habe sich Currywürste und Pommes von Geschäftspartnern bezahlen lassen.

Durch den parlamentarischen Untersuchungsausschuss dürfte jetzt wieder die Rolle von CDU-Landesumweltminister Uhlenberg und dessen Staatssekretär Alexander Schink ins Zentrum des Interesses rücken. Schon im Sommer vergangenen Jahres war in der Landeshauptstadt zu hören, die Verhaftung Friedrichs sei wie die bundesweiten Razzien politisch motiviert. Der promovierte Biochemiker gilt als exzellenter Experte, der den Grünen sein Fachwissen auch nach seinem Ausscheiden aus dem Ministerium zur Verfügung stellte, etwa im Skandal um die Belastung der Ruhr mit krebserregenden Tensiden - der Fluss versorgt Millionen Menschen mit Trinkwasser.

Auf dem Höhepunkt des Verseuchungsskandals aber wurde Friedrich plötzlich verhaftet. Uhlenbergs Staatssekretär Alexander Schink, der schon seit 2006 belastendes Material gegen seinen einstigen Mitarbeiter sammelte, hatte "unter allen denkbaren strafrechtlichen Aspekten" Strafanzeige gegen Herrn Dr. Friedrich" erstattet - und so Staatsanwalt Meyer für eine politische Intrige instrumentalisiert, glauben in Düsseldorf viele. Uhlenberg hat diese Vorwürfe bisher immer empört zurückgewiesen. Ihm "Amts- und Machtmissbrauch" zu unterstellen, sei "ungeheuerlich". Friedrich dagegen beharrt auf vollständiger Aufklärung: Schließlich habe ihn die Affäre "beruflich und wirtschaftlich ruiniert". ANDREAS WYPUTTA

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