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Archiv-Artikel

Justiz macht reinen Tisch

Die gerichtliche Aufarbeitung des Bankenskandals beginnt. Ab Mai stehen zwei ehemalige Vorstandsmitglieder der Landesbank vor Gericht. Die Vorwürfe: Bilanzfälschung und Untreue

von RICHARD ROTHER

Rund drei Jahre nach Bekanntwerden des Bankenskandals beginnt die gerichtliche Aufarbeitung. Ab 5. Mai stehen der ehemalige Chef der Landesbank Berlin (LBB), Ulf-Wilhelm D., und das ehemalige Vorstandsmitglied Jochem Z. vor Gericht. Ihnen wird Bilanzfälschung vorgeworfen. Ab 26. Mai beginnt gegen die Bosse der Landesbank – eine der drei Säulen der Bankgesellschaft – und einen anderen leitenden LBB-Mitarbeiter wegen Untreue ein weiterer Prozess.

Bei dem Bilanzfälschungsvorwurf geht es um geheime Freistellungserklärungen, die die Vorstandsmitglieder Verantwortlichen für fünf LBB-Fondsgesellschaften gewährt haben sollen. Damit sollen Fondsverantwortliche von Risiken befreit worden sein, diese übernahm de facto die Landesbank.

Im ungünstigsten Fall hätten die Freistellungserklärungen bei der LBB zu einer zusätzlichen Haftung von rund 15 Milliarden Euro führen können, so die Anklage. Dieser hohe mögliche Schaden, Hintergrund der milliardenschweren Risiko-Abschirmung durch das Land Berlin, ist aber noch nicht strafrelevant. Die Staatsanwaltschaft wirft den Exvorständen nämlich nicht das Abwälzen der Fondsrisiken auf die Landesbank vor, und damit letztlich aufs Land Berlin. Strafrechtlich relevant ist, dass diese zusätzlichen Risiken in den Unternehmensbilanzen von 1997 bis 1999 nicht auftauchen: nach Auffassung der Staatsanwaltschaft Bilanzfälschung in drei Fällen. Dies kann mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahre geahndet werden.

In dem zweiten Verfahren gegen die beiden Exvorstände geht es um den Gehag-Fonds 12 – einen geschlossenen Immobilienfonds, zu dem ausgewählte Anleger und Banker Zutritt hatten. Die Anleger, zu denen auch die beiden Beschuldigten zählen, erzielten laut Anklage ungewöhnlich hohe steuerliche Vorteile, die über dem eingezahlten Kapital lagen.

Im November 2000 scheiterte der 1993 aufgelegte Prominentenfonds. Um sich zu bereichern, sollen die Exvorstände in dieser Situation beschlossen haben, die wertlos gewordenen Anteile aller Anleger zum Nominalwert von 75 Prozent zurückzukaufen. Zudem sollen sie die Verpflichtung der Anleger, anteilig für die Schulden des Fonds aufzukommen, auf die Landesbank übertragen haben.

Laut Staatsanwaltschaft war dieses Verhalten sogar vertretbar, da so öffentlichkeitswirksame Streitigkeiten mit konzernfremden Anlegern vermieden worden seien. Nicht vertretbar sei jedoch, dass auch konzernangehörige Fondszeichner davon profitierten – der LBB soll so ein Schaden von rund 900.000 Euro entstanden sein. Die drei Angeklagten sollen sich zusammen rund 224.000 Euro abgezweigt haben. Untreue kann mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren geahndet werden, in schweren Fällen bis zu zehn Jahren. Für beide Verfahren sind etliche Verhandlungstage angesetzt.