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Justitia ruft zur Räumung

■ Landgericht erklärt Kündigung der Hafenstraße für rechtens / Doch über die Zukunft wird im Rathaus entschieden     Von Sannah Koch

Sollte da noch ein Quentchen Hoffnung gewesen sein, so wischte Richterin Inge Walter-Greßmannn dies gestern endgültig von Justitias Waagschale: Vor dem Hamburger Landgericht erklärte sie die Kündigung von 19 Wohnungen in der Hafenstraße für rechtskräftig. Den 33 betroffenen MieterInnen setzte sie eine Räumungsfrist für Zimmer, Flure, Küchen, Speise- und Abstellkammern sowie Gemeinschaftsräumen und unbebauten Flurstücken bis zum 28. Februar '94. Einzige Ausnahme: Eine Wohnung muß erst zum 31. Mai geräumt werden. Das Urteil hat Rechtskraft, die Entscheidung über die restlichen Wohnungen fällt bis Mitte Dezember.

Wütend, resigniert, entnervt, achselzuckend nahmen die im Gerichtsaal anwesenden BewohnerInnen das vernichtende Urteil auf. Noch beim letzten Verhandlungstag im September hatte die Richterin etwas Hoffnung aufkeimen lassen: Sie hatte angekündigt, daß sie die Kündigungen wegen einer geänderten Rechtslage neu überprüfen werde. Denn seit September ist im Bürgerlichen Gesetzbuch der Kündigungschutz bei gewerblichen Zwischenmietverträgen umfassender geregelt worden. Doch eine Begründung für ihr Urteil blieb Walter-Greßmann gestern schuldig. Offenbar teilt sie die Rechtsauffassung des Hanseatischen Oberlandesgerichts, das im April 1993 die Kündigungen für rechtmäßig befunden hatte, weil es sich beim Hafenstraßen-Pachtvertrag nicht um einen gewerblichen Zwischenmietvertrag handele.

Die Rechtsanwälte der BewohnerInnen wollen gegen das Urteil Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht einlegen. Ob die Karlsruher Richter diese zulassen und ob sie auch einer einstweiligen Verfügung mit aufschiebender Wirkung stattgeben werden, ist derzeit völlig offen.

Doch noch steht der Gerichtsvollzieher nicht auf der Matte: Denn obwohl sich Hafenrand GmbH-Chef Wolfgang Dirksen gestern „sehr zufrieden“ zeigte, wird die Zukunft der bunten Meile nicht im Ziviljustizgebäude entschieden, sondern in den Hinterzimmern des Rathauses. Auch Dirksen wies gestern darauf hin, daß sein städtisches Unternehmen an politische Entscheidungen des Senats und der Bürgerschaft gebunden sei.

In den Koalitionsgesprächen zwischen GAL und SPD hat sich die Hafenstraße inzwischen zum absoluten Dollpunkt entwickelt. GAL-Fraktionschefin Krista Sager erklärte gestern jedenfalls ultimativ, daß es mit ihnen keine Räumung geben werde. Der Bürgermeister schwieg indes. Daß er über den langen Schatten seiner persönlichen Eitelkeit springen und der Forderung der GAL nachgeben wird, ist mehr als unwahrscheinlich. Offen ist, ob sich die SPD hier eine eigene, von des Bürgermeisters Vorstellungen unabhängige Meinung leisten will.

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