Juniorprofessur: Ein leerer Stuhl für die Nordamerikastudien
Die FU-Leitung lehnt die Berufung eines Juniorprofessors am John-F.-Kennedy-Institut wegen "mangelnder Exzellenz" ab. Kritiker sehen darin eine politische Entscheidung.
Die Studierenden des John-F.-Kennedy-Instituts für Nordamerikastudien (JFKI) der Freien Universität hatten die Symbolik gut gewählt: Obwohl der Raum 340 gerammelt voll war, blieben in der Mitte zwei Stühle leer. "Le(e)rstuhl" hieß die Diskussionsveranstaltung, zu der die Fachschaftsinitiative des JFKI am Mittwoch geladen hatte. "Herr Lenzen", fragte sie ihren Unipräsidenten, "wo bleiben unsere Juniorprofessoren?"
Dass sich Studierende, DozentInnen und Medienvertreter nun massenhaft für Personalfragen an dem kleinen Institut interessieren, liegt an dem Verdacht, dass es sich hier um eine politisch motivierte Entscheidung handelt. Das JFKI war in der ersten Runde des Exzellenzwettbewerbs mit der Graduiertenschule "North American Studies" erfolgreich. Im Januar 2006 wurden dafür sechs neue Stellen für Juniorprofessuren ausgeschrieben. Zwei davon sind bis heute unbesetzt.
Zumindest im Fall des Kandidaten Albert Scharenberg könnte man glauben, dass seine Berufung zum Juniorprofessor aus universitätspolitischer Strategie verhindert wurde. Denn die Empfehlung der akademischen Berufungskommission, die Scharenberg zum Favoriten für das Amt erkor, wurde vom FU-Präsidium nicht wie vorgeschrieben an Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner weitergeleitet. Die Begründung: Der Kandidat sei mit 42 Jahren zu alt und zu wenig qualifiziert.
Internationale Wissenschaftler kritisierten daraufhin in einem offenen Brief die Entscheidung des Präsidiums als Verstoß gegen die Freiheit der Wissenschaft. In den Medien wurden Details der seit 16 Monaten andauernden Berufungstragödie bekannt. Scharenberg ist Mitglied im Kuratorium der linken Rosa-Luxemburg-Stiftung. Und der ehemalige Vizepräsident Klaus Hempfer, der die Ablehnung Scharenbergs schriftlich begründete, war bis 1990 Mitglied der "Notgemeinschaft", einer Gruppe konservativer Professoren, die den Einfluss linker Gruppen an der FU zurückdrängen wollten. Präsident Lenzen, der die HU zum effizienten Leuchtturm umbauen will, wäre ein glatterer Kandidat höchstwahrscheinlich auch lieber. Ist der Wissenschaftler und Linke Albert Scharenberg ein Opfer des Exzellenzwettbewerbs?
Bei der Veranstaltung in Raum 340 erhärtete sich dieser Verdacht. Die amtierende FU-Vizepräsidentin Ursula Lehmkuhl verteidigte die Ablehnung Scharenbergs, die "rein formalrechtlicher Natur" sei. Richtige Argumente hatte sie nicht, befand aber, der "wissenschaftliche Output" Scharenbergs sei nicht "exzellent" genug. Die Mitglieder der Fachkommission und externe Gutachter waren damals zum entgegengesetzten Schluss gekommen. Sie hatten dem Wissenschaftler bescheinigt, er könne "aus dem Stand habilitiert" werden.
Bei der Diskussion erhielt Scharenberg Beistand von seinem Doktorvater Wolf-Dieter-Narr vom Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaften und dem Dozenten Hajo Funkel. Beide sprachen von einer "skandalös undemokratischen" Entscheidung. Die Anwesenden verrannten sich in Details und gegenseitigen Anschuldigungen. Da wurden E-Mails von Professorinnen zitiert, es fielen Begriffe wie "Hexenjagd" und "politisches Kabarett". Der Stuhl wird wohl noch länger leer bleiben, in vier Wochen will man sich erneut treffen. Die Frage, warum sich Exzellenz und Linkssein ausschließen sollen, dürfte nicht so schnell zu beantworten sein.
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