Julia Klöckner über SPD und Guttenberg: "Herr Beck sitzt seine Skandale aus"
Die CDU-Spitzenkandidatin bei der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz am 27. März setzt auf Guttenberg. Der Verteidigungsminister sei ihr auch nicht peinlich, versichert Julia Klöckner.
taz: Frau Klöckner, stehen Sie vor dem Tiefpunkt Ihrer politischen Karriere?
Julia Klöckner: Ach was. Nach neun Jahren im Bundestag ist jetzt Rheinland-Pfalz der nächste erfolgreiche Schritt.
Sie haben in Berlin eine vielversprechende Karriere und den Posten der Staatssekretärin aufgegeben, dafür werden Sie nach dem 27. März in Mainz die Oppositionsfraktion anführen.
Die Würfel sind noch längst nicht gefallen: Die CDU hatte 2006 rund 32 Prozent, die SPD 46. Das werden wir 2011 ändern. Der Abstand ist erheblich kleiner geworden. Die alte CDU in Rheinland-Pfalz hat in den vergangenen 20 Jahren ein bisschen viel für die äußere Unterhaltung getan. Das ist jetzt vorbei. Wir beschäftigen uns nicht mit uns selbst, sondern mit dem Land.
Und mit wem wollen sie regieren? Die Grünen wollen doch gar nicht mit der CDU koalieren.
Dass wir nicht die absolute Mehrheit bekommen, davon gehe ich auch aus. Dennoch führe ich vor der Wahl keine Koalitionsverhandlungen. Ich will eine starke CDU, damit wir den Auftrag bekommen, nach der Wahl Koalitionsgespräche führen zu können.
Julia Klöckner, 38, ist Vorsitzende der CDU Rheinland-Pfalz und war Staatssekretärin im Bundeslandwirtschaftsministerium.
Die Grüne Eveline Lemke sagt: "Die Schnittmenge mit der SPD ist größer, vor allem in der Schul- und Bildungspolitik."
Die SPD in Rheinland-Pfalz hat für eine Rekordverschuldung gesorgt, für einen Rekordunterrichtsausfall, für roten Filz etwa beim Nürburgring und beim Schlosshotel. Wenn die Grünen meinen, dass sie da Schnittmengen mit der SPD haben - bitte.
Angela Merkel hält Schwarz-Grün im Bund für ein "Hirngespinst", in Hamburg ist es gerade gescheitert. Warum soll es in Mainz klappen?
Das habe ich nicht gesagt.
Sie glauben also nicht an Schwarz-Grün?
Das habe ich auch nicht gesagt. Ich glaube daran, dass die CDU so stark wird, dass sie Koalitionsgespräche führen kann, mit wem, werden wir dann sehen.
Sie kritisieren den SPD-Filz in Rheinland-Pfalz. Aber die CDU hat auch Dreck am Stecken. Die Fraktion hat 400.000 Euro für Wahlkämpfe zweckentfremdet. Wie wollen Sie sich da als saubere Alternative inszenieren?
Nicht hat, sondern hatte - das ist vor fünf Jahren passiert, unter einer Führung, die längst nicht mehr im Amt ist. Die CDU hat für diesen Fehler geradegestanden, aktiv an der Aufklärung gearbeitet. Ich habe reinen Tisch gemacht. Herr Beck sitzt hingegen seine Skandale aus. Und der Nürburgring kostet nicht die SPD, sondern den Steuerzahler 400 Millionen Euro! Die Landesregierung, die dafür verantwortlich ist, ist noch im Amt, der Innenminister, der seinem Schwiegersohn einen Auftrag von über 100.000 Euro ohne Ausschreibung zuschusterte, auch. Es ist gut für die Demokratie, wenn es einen Wechsel gibt.
Ihr Landesverband hat nach der Strafzahlung wegen zweckentfremdeter Fraktionsgelder wenig Geld, ist notorisch zerstritten. Haben Sie da wirklich Lust?
Keine Sorge, der Wahlkampf wird ohne Kredite solide finanziert. Und von Streit kann keine Rede mehr sein, alte Gräben sind längst zugeschüttet. Um mich ganz auf meine Aufgabe im Land zu konzentrieren, habe ich aus freien Stücken auf mein Berliner Regierungsamt verzichtet. Außerdem: Ich bin im Präsidium der Bundes-CDU und auch als Landesvorsitzende künftig in Entscheidungen auf Bundesebene einbezogen.
Planen Sie Wahlkampfauftritte mit Karl-Theodor zu Guttenberg?
Ja sicher.
Ist Ihnen das nicht peinlich?
Peinlich ist, dass es in Rheinland-Pfalz einen Justizminister gibt, der die Verfassung bricht, die er schützen soll, und aktuelle Gerichtsentscheide als falsch abtut.
Das war nicht die Frage.
Ich habe Ihnen geantwortet, was mir peinlich ist, Herr zu Guttenberg jedenfalls nicht. Zu Guttenberg hat Fehler gemacht, sie zugegeben und Konsequenzen gezogen. Das sehen auch die Leute bei uns so. Wenn er nach Rheinland-Pfalz ist, können wir uns gewiss nicht über mangelnde Besucher beklagen.
Also Applaus für Klauen und Schummeln?
Nein, für den Verteidigungsminister, der die unbequeme, aber notwendige Bundeswehrreform klug anpackt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag