Jugendschützer Gutknecht: "Ohne Kontrolle kein Jugendschutz"
Alkohol-Testkäufe von Jugendlichen sieht er als einzige Möglichkeit, illegalen Handel aufzudecken - Ihren Missbrauch als Ermittler lehnt der Jurist Sebastian Gutknecht ab.
taz: Herr Gutknecht, Sie arbeiten eng mit den lokalen Jugend- und Ordnungsbehörden zusammen. Was halten Sie von den Plänen der Familienministerin, Jugendliche im Kampf gegen illegalen Verkauf von Alkohol, Tabak und Gewaltfilmen als Testkäufer einzusetzen?
Sebastian Gutknecht: Im Prinzip handelt es sich nur um eine gesetzliche Klarstellung. In den Fällen, in denen man mit Aufklärung und mit Appellen an verantwortliche Händler nicht weiter kommt, soll man ausdrücklich Testkäufe durchführen können. Das ist sehr positiv.
Warum?
Weil wir in vielen Bereichen einfach ein riesiges Kontrolldefizit haben, insbesondere bei Medien-Altersgrenzen. Es kann doch nicht sein, dass der Verstoß gegen gesetzliche Grenzen überhaupt nicht bestraft wird. Dann kann man Jugendschutz auch sein lassen.
Aber letztlich werden Kinder auf diese Art doch als Spitzel eingesetzt.
Das ist doch eine absurde Diskussion. Es darf natürlich niemand im Kindesalter engagiert werden. Hier müssen klare Bedingungen geschaffen werden.
Das ändert doch nichts am Grundproblem. Wäre es nicht besser, die konventionellen Möglichkeiten effektiver zu nutzen.
Meiner Ansicht nach ist das ein Scheinargument. Auch heute schon sind doch Testkäufe praktisch die einzige Möglichkeit, Verstöße zu ahnden und Bußgeldverfahren gegen Händler einzuleiten, die gegen Altersgrenzen beim Verkauf verstoßen.
Testkäufe werden also bereits durchgeführt?
Natürlich. Aus unser Arbeit wissen wir, dass hier in Nordrhein-Westfalen die Ordnungsbehörden durchaus zu dieser Kontrollmöglichkeit greifen. Wegen der bisher unklaren Rechtslage muss man dazu allerdings ein wenig Mut zeigen.
Wie muss man sich das vorstellen?
Meistens werden die Jugendlichen aus dem Umkreis der Behördenmitarbeiter engagiert. Und Testkäufe werden im Allgemeinen bei Händlern durchgeführt, von denen bekannt ist, dass sie die Altersgrenze vernachlässigen. Die Erfahrung zeigt: Nach ein paar Besuchen stellt sich der Erfolg ein, die Testkäufe wirken abschreckend.
Wer führt die Testkäufe durch?
Eigentlich sollte das nur die zuständige Behörde zur Einhaltung der Jugendschutzvorschrift sein. Leider machen das aber auch viele andere, wie etwa Jugendverbände, Privatleute, teilweise sogar Medien, die für entsprechende Fernsehberichte auf Jugendliche zurückgreifen. Das ist nicht Sinn der Sache und das lehne ich klar ab. Der Bürger oder jede beliebige Institution hat nicht die Aufgabe, Polizei zu spielen.
Wie wollen Sie das verhindern?
Es müssen konkrete Bestimmungen erarbeitet werden, wie wir das als Landesstelle auch machen. Auch Erlasse sind möglich. Sie könnten festlegen, wie und mit wem ein solcher Testkauf konkret durchgeführt werden soll. Es sollten etwa nur Jugendliche engagiert werden, die maximal ein halbes Jahr jünger sind als die zu überprüfende Altersgrenze. Sie sollten zudem nur punktuell eingesetzt werden. Zu regelmäßigen Ermittlertätigkeiten darf es jedenfalls nicht kommen.
INTERVIEW: VEIT MEDICK
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