Jugendgefängnis in Australien: Folteraufnahmen sorgen für Entsetzen
Mit Sack über dem Kopf an einen Stuhl gefesselt, wochenlange Einzelhaft: Nach Bekanntwerden von Bildern aus einer Haftanstalt schaltet sich die Politik ein.
Viele der mutmaßlichen Misshandlungsopfer in dem Gefängnis im Verwaltungsgebiet Northern Territory sind Aborigenes. Ein Video aus dem vergangenen Jahr zeigt einen 17-Jährigen, der mit nacktem Oberkörper und einem Sack über dem Kopf an einen Stuhl gefesselt und zwei Stunden alleine gelassen wird. Andere Insassen wurden von den Wärtern mit Tränengas beschossen oder mussten mehrere Wochen in Einzelhaft verbringen.
Australiens Premierminister Malcolm Turnbull kündigte eine „gründliche Untersuchung“ der Vorfälle an. „Wie alle Australier bin ich zutiefst geschockt“, sagte der Regierungschef. Er sei entsetzt über „die Misshandlung von Kindern“ in der Haftanstalt Don Dale, die in einem Vorort von Darwin liegt. Eine Untersuchungskommission müsse nun schnell herausfinden, was genau geschehen sei und wieso die Taten so lange unentdeckt geblieben seien.
Der Vorsitzende der regionalen Anwaltskammer, John Lawrence, sagte ABC, die Bilder des gefesselten Jugendlichen erinnerten an die Folter von Insassen des US-Gefangenenlagers Guantanamo. Das Northern Territory hat eine der landesweit höchsten Kriminalitätsraten. Mehr als zwei Drittel der Häftlinge in dem Verwaltungsgebiet sind australische Ureinwohner, deren Leben häufig durch Arbeitslosigkeit, ein geringes Bildungsniveau oder Drogenabhängigkeit geprägt sind.
Kinderschutz untersuchen
Der Chef der Regionalregierung, Adam Giles, äußerte sich „angewidert“ über die mutmaßlichen Missbrauchsfälle. Er entließ den für den Strafvollzug zuständigen Minister und ordnete Ermittlungen der Polizei an. Gleichzeitig sprach er „der Mehrheit der Gefängniswärter“ sein Vertrauen aus.
Die Regierungskommission müsse neben den Missständen im Strafvollzug auch den Kinderschutz im Northern Territory untersuchen, forderte Giles. „Es gibt Kinder, die vernachlässigt und nicht geliebt werden, und die dann in Schwierigkeiten geraten, für Ärger auf den Straßen sorgen und schließlich in unseren Haftanstalten landen“, sagte Giles.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch nannte die Übergriffe in dem Jugendgefängnis „barbarisch und inhuman“. Die Organisation Save the Children forderte eine landesweite Untersuchung der Zustände in Jugendgefängnissen. Ohnehin müssten junge Straftäter unterstützt werden, um sie davor zu bewahren, wieder auf die schiefe Bahn zu geraten, erklärte Save the Children. Sie lange wegzusperren sei dafür nicht das beste Mittel.
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