Jugendarbeitslosigkeit in Frankreich: No Jobs, No Future
In der Krise ist die Jugendarbeitslosigkeit in Frankreich auf über 25 Prozent angestiegen. Pessimismus regiert, Frankreichs Jugend sieht ihre Zukunft so schwarz wie kaum eine andere.
![](https://taz.de/picture/300878/14/banlieue.20100813-11.jpg)
Die Jugendarbeitslosigkeit, die in Frankreich seit 2004 mehr als 20 Prozent betrug, ist mit der Krise auf fast 25 Prozent angestiegen. Bedeutet dies, dass ein Viertel der 18- bis 25-Jährigen stempeln geht? Nein, denn nur jeder vierte der verfügbaren Stellensuchenden in dieser Alterskategorie gilt statistisch als arbeitslos. Rund zwei Drittel der jungen Leute sind ja noch in irgendeiner Ausbildung. Der Anteil der bereits Erwerbsfähigen mit circa 32 Prozent ist geringer als im EU-Durchschnitt (41 %) oder in Deutschland (47 %) .
So betrachtet, ist die Arbeitslosenrate aller 18- bis 25-Jährigen mit knapp 8 % sogar tiefer als im EU-Durchschnitt. Einen Grund zur Beruhigung stellt dies aber keineswegs dar. Viele "Studierende" sind verkappte Arbeitslose, die von den Eltern durchgefüttert werden.
Außerdem sind die gemeldeten und inoffiziellen Jugendarbeitslosen sozial und regional sehr ungleich verteilt. Mit 40 bis 50 Prozent ist das Problem fehlender Arbeitsplätze in bestimmten Außenquartieren der "Banlieue" in explosiver Weise konzentriert, wo fast ausschließlich Immigrantenfamilien wie in sozialen Ghettos ausgegrenzt leben. Wen wundert es, dass diese Pulverfässer regelmäßig bei Revolten hochgehen? Auf jeden Fall nicht Cécile Duflot, die Parteichefin der französischen Grünen: "Den jungen Leuten keine Perspektive zu bieten, das ist brutal, eine Arbeitslosigkeit von 25 Prozent der 18- bis 25-Jährigen ist eine Form von Gewalt."
Die Banlieue-Jugend wird zum permanenten Angstfaktor einer Gesellschaft, die im arbeitslosen Banlieue-Jugendlichen einen potenziellen Delinquenten sieht. Der von Präsident Sarkozy versprochene "Marshall-Plan für die Banlieue" aber verstaubt in einer Schublade. Auch auf die konkreten Resultate des 2009 angekündigten Dringlichkeitsprogramms, das mit insgesamt 1,3 Milliarden Euro Lehrstellen und bezahlte Praktika für Berufsbeginner subventionieren soll, wartet man noch.
Nicht ganz ohne Grund sind die jungen Franzosen und Französinnen darum pessimistischer als ihre Altersgenossen in den Nachbarländern. In einer Vergleichsstudie mit siebzehn Ländern betrachten nur 25 Prozent der jungen Menschen in Frankreich ihre Zukunft als erfolgversprechend, gegenüber knapp 60 Prozent in Dänemark oder 36 Prozent in Deutschland. Wenn die Antworten auf alle Fragen zur persönlichen und gesellschaftlichen Entwicklung und zur Zufriedenheit kombiniert werden, wird deutlich, dass in keinem der übrigen Länder die jungen Leute derart schwarz sehen. Frankreich kann der ILO-Warnung vor einer No-future-Generation als Fallbeispiel dienen.
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