Jugandarbeit: Neukölln kündigt erst mal befristet
Kündigungen ihrer Verträge flatterten freien Trägern von Jugendeinrichtungen in Neukölln ins Haus. Die sehen den Grund vor allem in Querelen zwischen den einstigen Partnern SPD und Grüne.
4 Millionen Euro muss Neuköllns Jugendstadträtin Gabriele Vonnekold (Grüne) in diesem Jahr einsparen. Das scheint bei einem Gesamtetat des Bereichs Jugend im Bezirk von über 130 Millionen Euro erst mal wenig: Doch über 120 Millionen sind durch Kitas und Familienhilfe gebunden. Bei den restlichen knapp 9 Millionen Euro, etwa für Jugendarbeit, greift ein kompliziertes System von Haushaltssperren: Gelder werden erst freigegeben, wenn der Nachweis erfolgt, dass anderswo ausreichend gespart wurde.
Das führt nun zu einer unliebsamen Überraschung für die Träger von Jugendeinrichtungen in Neukölln: Ihnen flatterten Anfang Juli die Kündigungen ihrer Verträge mit dem Bezirksamt ins Haus. Der Finanzstadtrat - Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) - habe die Etatsperren für das letzte Quartal des Haushaltsjahres nicht aufgehoben, so die Begründung der Jugendstadträtin: Sie habe deshalb die Verträge, in denen eine dreimonatige Kündigungsfrist jeweils zum Quartalsende vereinbart sei, Ende Juni kündigen müssen: "Ich weiß derzeit nicht, ob ich die Mittel, die Träger bis Dezember zu finanzieren, habe", so Vonnekold. Sobald die Gelder freigegeben seien, könne und werde sie die Kündigungen zurücknehmen.
Alles Unsinn, so Bürgermeister Buschkowsky: Es sei Entscheidung aller Stadträte gewesen, die Sperren erst in deren Sitzung am 6. Juli aufzuheben. Wenn Vonnekold Ende Juni aber die Gewissheit habe, "dass sie die vereinbarten Sparziele erreicht, ist klar, dass das Bezirksamt am 6. Juli entsperrt", so Buschkowsky: Die Kündigungen seien "überflüssig wie ein Kropf".
In betroffenen Einrichtungen bleibt man gelassen: Die Kündigung sei mit einem Begleitbrief gekommen, der deren voraussichtliche Rücknahme Mitte Juli bereits ankündige, sagt Gabriele Heinemann vom Mädchentreff Madonna. Ärgerlich findet sei das Durcheinander trotzdem: Viele KollegInnen arbeiteten unter sehr anstrengenden Bedingungen: "Da muss man nicht noch mehr Unruhe stiften." Ihre Analyse: "Da werden parteipolitische Querelen auf unserem Rücken ausgetragen."
Die Zählgemeinschaft, zu der sich SPD und Grüne in der Bezirkspolitik zusammengeschlossen hatten, war im Februar am Streit über die Formulierung eines Beschlusses gegen linke und rechte Gewalt zerbrochen.
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