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Juckender Hautausschlag nach Eierverzehr

■ Immer mehr Menschen leiden unter Hautreizungen oder asthmatischen Erkrankungen / Schuld ist nicht nur die Umweltbelastung / Früherkennung von Allergien ist wichtig

Die Zeiten, in denen Druiden mit ihrer goldenen Sichel in die Wälder zogen, um Heilkräuter für alle möglichen Tinkturen und Salben zu sammeln, sind vorbei. Dabei wären ihre Zauberkräfte heute mehr denn je gefragt, denn immer mehr Menschen leiden unter Hautreizungen, Atembeschwerden und anderen allergischen Übeln.

In den letzten Jahren hat die Zahl der von Heuschnupfen, Asthma bronchiale oder Neurodermitis (Hautreizungen) Betroffenen stark zugenommen. Immer häufiger ist das Immunsystem dermaßen desorientiert, daß die Abwehrkräfte nicht mehr zwischen schädlichen und ungefährlichen Einflüssen unterscheiden können. Das Ergebnis ist eine Sensibilisierung und Überempfindlichkeit des Organismus. Es kommt zu übersteigerten Abwehrreaktionen.

Exakte Zahlen über die Zunahme von Allergien bei Schülern erhofft sich das Charlottenburger Gesundheitsamt von einer Studie, die gegenwärtig zum zweitenmal durchgeführt wird. Eine erste Untersuchung aus dem Jahre 1991 hatte ergeben, daß 38 Prozent der neun- bis zehnjährigen Schüler unter allergischen Erkrankungen leiden. 24 von hundert Kindern klagten über Hautausschlag und Bauchschmerzen nach dem Verzehr von Zitrusfrüchten, Eiern, Nüssen oder Milchprodukten.

Gerade im Frühjahr und im Spätherbst tritt eine Häufung allergisch bedingter Asthmabeschwerden auf. Während die Gutachter für den Zeitraum Januar bis Februar vorwiegend die Berliner Luftverschmutzung als Ursache nennen, wird Asthma im Spätherbst vor allem durch vermehrten Pollenflug ausgelöst.

Allergien sind jedoch keinesfalls nur auf die erhöhte Umweltbelastung in einer Großstadt zurückzuführen. Vielfach erhöhen schlecht belüftete, feuchte Wohnungen das Risiko einer Atemwegserkrankung wie Asthma bronchiale. Ein schlechtes Innenraumklima fördert die Vermehrung der Hausstaubmilben und somit die Allergiegefahr. Die Studie zeigt, daß Gas-, Öl- oder Kohleheizungen einen weiteren Negativfaktor darstellen. Auch der Kontakt mit Tierhaaren oder Nikotin kann zu einer Sensibilisierung des Organismus führen.

Meist löst jedoch das Zusammentreffen mehrerer Faktoren die Allergie aus. Allergische Beschwerden sind oft streß- und ernährungsbedingt. Da gerade Hautreizungen durch Stoffwechselstörungen der Zellen verursacht werden, beeinflußt der Verzehr von Schweinefett, Eiweiß oder Zucker Neurodermitis-Erkrankungen negativ. Der Energiegehalt dieser Nahrungsmittel ist so hoch, daß der Wärmehaushalt der Haut und somit das Allergierisiko unnötig erhöht wird. Der Verzehr stark gewürzter Speisen oder ein unausgewogener Wasserhaushalt belasten den Organismus zusätzlich. Viele Nahrungsmittel, die wir täglich zu uns nehmen, sind überflüssig und stark durch chemische Zusätze belastet. Außerdem wird die Veranlagung zu einer Neurodermitis- oder Asthma-Erkrankung häufig schon von den Eltern an die Kinder weitervererbt.

Die letzten Jahrzehnte sind durch eine Vielzahl technischer Innovationen gekennzeichnet, in der Ernährung unterscheidet sich die Menschheit jedoch kaum von ihren Vorfahren. Anstatt magere Fleisch- und Wurstsorten oder Geflügel zu sich zu nehmen, kommt oft noch immer zu viel Schweinefleisch auf den Tisch. Auch der Verzehr von Zitrusfrüchten ist für Neurodermitiker problematisch. Vorsorgeuntersuchungen schon im Grundschulalter könnten frühzeitig zu einer Umstellung der Lebensweise und somit zu einer Verringerung allergischer Erkrankungen führen.

Die Druiden sind längst von Weißkitteln abgelöst worden, die den Verlust des allheilenden Zaubersaftes wenigstens durch Früherkennung ausgleichen könnten. Die Selbsthilfegruppe „Arbeitsgemeinschaft allergiekrankes Kind“ fordert eine solche flächendeckende Früherkennung seit langem. Doch bislang stellen weder der Senat noch die Krankenkassen die finanziellen Mittel dafür zur Verfügung. Christine Schiffner

Die Arbeitsgemeinschaft allergiekrankes Kind e.V. bietet auch Hilfe an: Telefon 661 94 22

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