Journalistin liebt Politiker: Verbotene Leidenschaft
Die Journalistin Audrey Pulvar darf ihre Sendung nicht mehr moderieren – der Liebe wegen. Denn ihr Lebensgefährte ist der Nachwuchspolitiker Arnaud Montebourg.
Die auf der französischen Karibikinsel Martinique geborene Journalistin Audrey Pulvar ist eine Vertreterin der sichtbaren Minoritäten, wie die nichtweißen MitbürgerInnen im Frankreich von Präsident Nicolas Sarkozy korrekt genannt werden. Sie ist damit eines der seltenen dunkelhäutigen Gesichter, die dem Fernsehpublikum von Informationssendungen her vertraut sind. Oder besser gesagt: sie war es. Denn seit Kurzem hat die 38-Jährige de facto ein Bildschirmverbot. Sie darf ihre politische Sendung auf dem Sender i-Télé, einer Filiale der privaten Mediengruppe Canal Plus, bis auf Weiteres nicht mehr moderieren. Beruflich wäre ihr nichts anzulasten. Ihr einziger Fauxpas soll es sein, dass sie sich in den "Falschen" verliebt hat.
Ihr gegenwärtiger Lebensgefährte ist der sozialistische Abgeordnete Arnaud Montebourg, ein ehrgeiziger Nachwuchspolitiker auf dem linken Parteiflügel. Er hat bereits angemeldet, dass er bei den Wahlen der Sozialisten zur Nominierung des Präsidentschaftskandidaten oder der -kandidatin antreten will. Chancen hat er dabei kaum. Doch seine Freundin bezahlt schon jetzt einen hohen Preis für seine politischen Ambitionen. Liegt zwischen den beiden parallelen Karrieren ein Interessenkonflikt?
Audrey Pulvar hat sich in der Vergangenheit nicht gescheut, gegen die Medienpolitik von Präsident Sarkozy und namentlich dessen Attacken auf die staatlichen Regionalsender von France-3, für sie früher arbeitete, öffentlich Stellung zu nehmen. Handelt es sich da vielleicht um eine späte Revanche, dass sie nun im Namen einer doch etwas pingelig wirkenden politischen Korrektheit kaltgestellt wurde? Dies fragen sich zumindest ihre Freunde und Fans. Patrick Bloch, der Pressesprecher der Sozialistischen Partei (PS), meinte, da werde "das Prinzip Vorsicht in exzessiver Weise angewandt". Andere sehen darin schlicht einen Ausdruck einer reaktionären frauenfeindlichen Position, welche die Frau als "Anhängsel" ihres Partners ohne selbständige Meinung und eigenen Willen betrachte.
Mit Pulvar wird ein Exempel statuiert. Der Medienhistoriker Patrick Eveno ist der Meinung, ihre Verbannung sei "ein Reflex einer verunsicherten und innerlich aufgewühlten Medienwelt, welche das Misstrauen der öffentlichen Meinung durch eine Politik der demonstrativen Strenge bekämpfen will". Wenn heute in Frankreich die JournalistInnen generell, und besonders jene beim Fernsehen, in den Umfragen zur Glaubwürdigkeit sehr schlecht abschneiden, dann nicht zuletzt deshalb, weil ihnen eine mangelnde Distanz zur Macht vorgeworfen wird. Zu oft, meint heute offenbar die prüde französische Öffentlichkeit, stecken Politik und Medien im wörtlichsten Sinne unter einer Decke. Das Techtelmechtel wird sogar zum Tabu, wenn es um den Einfluss auf die Meinung geht.
Die Liste der prominenten gemischten Paare aus Politik und Medien ist in Frankreich lang, und oft war ein Interessenkonflikt augenfälliger: Am bekanntesten sind Ex-Außenminister Bernard Kouchner und Christine Ockrent (Leiterin der internationalen Medien France-24, TV 5, Radio France International), Minister François Baroin war mit der Tagesschausprecherin Marie Drucker zusammen, Ministerkollege Jean-Louis Borloo mit Béatrice Schönberg, einer anderen Tagesschaumoderatorin (sie setzt während der Zeit des Wahlkampfes aus). Und IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn war als Minister früher schon mit der damals sehr prominenten Fernsehjournalistin Anne Sinclair verheiratet. Das schien indes nicht zu stören. "Shocking" finden solche Sitten hingegen die Briten laut The Observer: "In angelsächsischen Ländern gilt die Anschuldigung, dass JournalistInnen das Bett mit Politikern teilen, als sehr schwerwiegend. In Frankreich dagegen ist das keine Anschuldigung, sondern eine simple Feststellung von Tatsachen: Sie gehen zusammen aus, leben und schlafen zusammen und heiraten manchmal."
Vielleicht war es bloß der Fehler von Pulvar und Montebourg, dass sie ihre private Liebe an die große Glocke gehängt haben. Niemand hätte sich womöglich daran gestoßen, wenn sie ihre Liaison verheimlicht hätten wie andere. Bevor sich beispielsweise Nicolas Sarkozy von Cécilia scheiden ließ und später Carla Bruni heiratete, war auch er 2005 mit einer Journalistin zusammen, einer politischen Redakteurin des Figaro. Das steht aber in keiner offiziellen Biografie. Wenn Politik und Medien privat intim werden, gilt als Regel für solche Seitensprünge über berufliche Trennlinien: Nur nicht erwischen lassen.
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