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Journalisten durchsucht

■ Angeblicher Geheimnisverrat im Buch „Das RAF-Phantom“

Berlin (taz) – Wegen des Verdachts auf „Teilnahme an der Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht“ hat die Wiesbadener Staatsanwaltschaft gestern die Wohnungen der drei Autoren des Buches „Das RAF-Phantom“ durchsuchen lassen. Den Journalisten Wolfgang Landgraeber, Ekkehard Sieker und Gerhard Wisnewski wird vorgeworfen, in ihrem Buch aus Akten der Ermittlungsverfahren gegen den „Kronzeugen“ Siegfried Nonne zitiert zu haben.

Der frühere V-Mann Siegfried Nonne, der 1986 vom hessischen Verfassungsschutz wegen seiner Unzuverlässigkeit „abgeschaltet“ wurde, hatte sich nach dem tödlichen RAF-Anschlag auf den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, von sich aus bei seinem früheren Dienstherrn gemeldet und behauptet, er habe der RAF bei der Vorbereitung des Attentates geholfen. In der Folge entpuppten sich die Ausführungen Nonnes, unter anderem aufgrund der Recherchen der drei Journalisten, als blühender Unsinn. Verfassungsschutz und Bundesanwaltschaft, die Nonne stolz als den ersten Kronzeugen gegen die RAF präsentiert hatten, waren offensichtlich der Phantasie des psychisch labilen Mannes erlegen.

Die drei Autoren hatten in ihrem Buch, in dem sie auch darüber spekulierten, daß es die RAF gar nicht mehr gebe, weite Passagen dem „Kronzeugen“ Nonne gewidmet. Bei den gestrigen Durchsuchungen wurden, wie Wolfgang Landgraeber erklärte, unter anderem Ordner und Kalender beschlagnahmt. Darüber hinaus wurden die Betroffenen erkennungsdienstlich behandelt. Fast anderthalb Jahre nach dem Erscheinen des Buches will die Wiesbadener Staatsanwaltschaft offenbar prüfen, ob sich auf den geheimzuhaltenden Akten etwa die Fingerabdrücke der Beschuldigten finden lassen. wg

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