piwik no script img

Jörn Kabisch AngezapftZum Herrgengedeck ein Bisongrasbier

Foto: Archiv

Polen wartet noch immer darauf, für sein Bier wahrgenommen zu werden. Klar, es gibt die Industriebiere Tyskie, Lech oder Zywiec, die man im Berliner Getränkesortiment so zuverlässig findet wie etwa Heineken (Niederlande), Carlsberg (Dänemark) oder Budweiser Budvar (Tschechien). Aber dass es daneben eine lebendige Craftbeerszene auf gutem Niveau gibt, ist kaum bekannt.

Klebt mal ein polnisches Etikett auf einer Bierflasche, kann ich kaum vorbeigehen. Zuletzt entdeckte ich auf der Bar Convent, eigentlich einer Fachmesse für Spirituosen, an einer Ecke einen kleinen Kühlschrank mit polnischen Bieren. Der Mann hinter dem Tresen räusperte sich erst mal, der Trubel in der Halle rauschte an uns vorbei. Er erklärte mir, die Konkurrenz sei zu groß: Holland, Skandinavien – selbst diese Länder verbände man mehr mit Bier. Polen sei reiner Exot, deshalb hinke der Export. Wodka, danach komme lange nichts.

Bei polnischem Wodka denke ich ja zuerst an Grasovka. Er ist mit Bisongras aromatisiert, in jeder Flasche steckt noch ein Halm davon. Das ist ein Süßgras und verleiht dem Schnaps sein typisches Waldmeisteraroma. Grasovka ist in Deutschland der meistverkaufte aromatisierte Wodka. Kann es also ein polnischeres Bier geben als „Pils z Trawą Żubrową“? – übersetzt Bisongras-Pils –, dachte ich, als ich die Flasche im Kühlschrank auf der Messe entdeckte.

Sie stammt aus der Brauerei Wąsosz, einem Vorort von Tschenstochau, mitten in der Woiwodschaft Schlesien. Unter der Marke „Lumberjack“ experimentiert die Brauerei mit Zutaten aus dem Wald: Kieferntriebe, Wacholderbeeren und eben auch Bisongras. Ich war ziemlich neugierig. Dass mich allerdings Kokosgeschmack erwartet, das war dann doch ziemlich überraschend.

Grundlage des Biers soll ein Pils sein, es fließt aber ziemlich trüb ins Glas, das Orange hat einen Stich ins Braune. Auch der Schaum ist nicht wirklich pilstypisch, er bildet nicht den Ansatz einer Blume. Der Geruch ist kräuterig, leicht hefesauer, und dann steigt daraus dieser erdig-süßliche Duft hervor, der einen sofort an Kokosnuss denken lässt. Auf der Zunge kommt noch etwas Vanille ins Spiel, der Geschmack entwickelt sich von Kokosmilchigem hin zu etwas kratzig Rindenhaftem.

Pils z Trawą Żubrową, Lumberjack, 4,8 % vol.

Das klingt jetzt vielleicht schlimmer, als ich es meine: Das Bisongras-Pils erwies sich als guter Partner in einem sogenannten Herrengedeck, kombiniert mit einem einfachen Wodka. Der bekam Fülle, das Bier eisige Kräuternoten. Ich werde mich weiter in polnische Abenteuer stürzen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen