Jobtausch-Dokusoap: Deutsch gut, Afrika kaputt
In der Dokusoap "Stellungswechsel" tauschen deutsche und namibische Kfz-Mechaniker die Plätze. Heraus kommt eine schlimme Klischeesammlung.
Vorhang auf für die laut Kabel 1 "außergewöhnlichste Jobtausch-Dokusoap des Jahres": Zwei Gelsenkirchener Kfz-Mechaniker im Schalke-Trikot tauschen für eine Woche mit zwei Mechanikern aus einer VW-Werkstatt im namibischen Katatura ihren Job. Dominik und Gernot sind sich sicher: Deutschen Kfz-Spezialisten macht keiner was vor. Also machen sie sich ganz selbstbewusst und siegessicher auf den Weg nach Afrika.
Die Rollen sind klar verteilt: Die deutschen Arbeiter und ihre Lebenskultur werden mit Perfektion und Luxus gleichgesetzt, während den Austauschkandidaten aus ärmeren Ländern wie Namibia oder Indien steinzeitartige Züge verpasst werden. Sprüche wie "Komplimente sind was Schönes, ganz besonders wenn man sie von einem Deutschen bekommt", "was für Deutsche Standard ist, ist für Afrikaner Luxus pur" oder "eine Waschstraße ist ein großer Augenblick für die Namibier und ein sonntägliches Ritual für die Deutschen" sind wohl witzig gemeint.
Zu dieser Klischeesammlung passt, was diese Sendung als einzigen Lichtblick im finsteren Afrika inszeniert: Candy, die hübsche Tochter des afrikanischen Werkstatt-Besitzers. Vielleicht liegt es an ihren leuchtenden Augen oder an ihrem verführerischen Lächeln, dass die beiden sich ziemlich unkonzentriert und tollpatschig beim Arbeiten anstellen.
Und nach nicht wirklich getaner Arbeit verweigern sie auch noch die afrikanische Küche: der Pansen-Eintopf bleibt unangerührt. Anders ergeht es ihren afrikanischen Kollegen im luxuriösen Deutschland: Schnell lernen sie, mit den deutschen Techniken umzugehen, und auch die delikaten Lachsbrötchen im schicken Einfamilienhäuschen des Autohaus-Chefs schmecken.
Zu guter Letzt hat "Stellungswechsel" noch eine Lektion parat: "Jeder kann vom Anderen lernen" und: "Aus Fremden werden Freunde." Vorhang zu - und das bitte ganz schnell.
"Stellungswechsel", Dienstag, 2. August, 20.15 Uhr, Kabel 1
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