piwik no script img

Joachim Löws ZukunftsvisionenExplosion im Kopf

Seinen Rücktritt als Bundestrainer verbindet Jogi Löw mit einem Auftrag an den Nachfolger. Die EM 2024 in Deutschland müsse der Knaller werden.

„2024 sehe ich mich nicht mehr“: Joachim Löw am Donnerstag in der Frankfurter DFB-Zentrale Foto: Thomas Boecker/Reuters

Nach seiner Entscheidung, am Ende der EM im Sommer nicht mehr als Bundestrainer zur Verfügung zu stehen, gab Joachim Löw am Donnerstag in Frankfurt eine Pressekonferenz, in deren Verlauf er nicht nur Dank und Huldigungen vom DFB-Präsidenten Fritz Keller und DFB-Direktor Oliver Bierhoff entgegennahm, sondern auch in der Rolle des Geburtshelfers für einen Erfolg bei der Heim-EM 2024 im eigenen Land brillierte.

Löw, 61, gab an, mehrere Tage in sich gegangen und vor etwa zwei, drei Wochen zu der Erkenntnis gelangt zu sein, den Weg frei machen zu müssen für einen Nachfolger, damit der genug Zeit habe, das Nationalteam wieder titeltauglich zu machen. „Es ist eben auch der richtige Zeitpunkt, den Stab weiterzugeben“, sagt Löw, der mit sich im Reinen schien. Der Neue hätte somit drei Jahre Zeit, den von Löw 2019 eingeleiteten Umbruch so zu gestalten, dass es „beim Turnier im eigenen Land zu einer Explosion führt“.

Bumm – Löw schien die Triumphbilder einer jubelnden DFB-Elf schon vor Augen zu haben, als er sagte: „Vielleicht will ich die EM 2024 auch mal aus einer anderen Perspektive sehen.“ Zurückgelehnt und ohne die drückende Last der Verantwortung. Die Kraft, noch einmal den Kahn als Treidler an einen neuen Bestimmungsort zu ziehen, scheint er nach 15 Jahren im Amt nicht mehr zu haben: „Ich sehe mich 2024 nicht mehr.“ Das solle aber nicht heißen, dass er nicht mit der üblichen Leidenschaft das EM-Turnier in wenigen Wochen angehe; er sei, was dieses Event betreffe, schon „im Tunnel“.

Keine Eile in der Nachfolgefrage

Während Löw seinem Abgang eine ordentliche Prise Altruismus – und eigentlich auch Patriotismus – beimischte, wollte Oliver Bierhoff, sein alter Kompagnon, noch nichts verraten über mögliche Nachfolgekandidaten, deren Bewerbungsmappen über seinen Tisch wandern. Der DFB wolle sich Zeit lassen, womöglich wird der neue Bundestrainer sogar erst nach der EM bekanntgegeben. Er, Bierhoff, werde auch keine Entscheidung „nach Umfragewerten“ treffen.

Es gebe im Ausland, im Inland und im DFB hervorragende Trainer, sagte der ehemalige Stürmer. Abgesagt haben bislang Jürgen Klopp (FC Liverpool) und Julian Nagelsmann (RB Leipzig), sein Interesse bekundete indes Ralf Rangnick, der im Universum des Brausegiganten Red Bull diverse Führungspositionen innehatte. Gut im Rennen scheint auch Stefan Kuntz, der sich als Übungsleiter um die Eleven der U21 kümmert.

Löw ließ erkennen, dass er sich als Souverän von Fußball-Deutschland verabschieden wird. „Ein Trainer wie ich“, sagte er, „trifft seine Entscheidungen nicht danach, wie sie in der Öffentlichkeit ankommen.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!