Jo Lendle wird Chef des Hanser Verlags: Büchermann mit jugendlichem Charme
Er ist Verleger und Schriftsteller, gilt als originell und unkonventionell: Jo Lendle führt ab 2014 den Carl Hanser Verlag.
Gegen 18 Uhr am Donnerstag konnten diejenigen, die auf der Internet-Plattform Facebook mit Jo Lendle befreundet sind, den etwas kryptischen Satz lesen: „Jo ist jetzt mit Carl befreundet.“
Wer daraufhin in sein Mailpostfach schaute, fand dort die von Christina Knecht, Pressesprecherin der Carl Hanser Verlage, kurz zuvor verbreitete Mitteilung, dass Lendle, 44 Jahre alt und zurzeit noch verlegerischer Geschäftsführer des DuMont-Buchverlags, zum 1. Januar 2014 die Nachfolge von Michael Krüger als verlegerischer Geschäftsführer von Hanser antreten wird.
Während ein anderer renommierter deutscher Belletristikverlag gerade darangeht, sich selbst zu eliminieren, hat man bei Hanser relativ geräuschlos, wenn anscheinend auch nicht ganz ohne innere Reibungen, die Weichen für die Zukunft gestellt und dazu einen Coup gelandet.
Denn der Name Jo Lendle war bisher in der Diskussion um die Nachfolge des legendären Michael Krüger, der seit 1968 als Lektor bei Hanser arbeitete und die Geschicke des Verlags seit 1986 mit großem Erfolg leitete, kaum im Spiel gewesen. Warum eigentlich nicht?
Gegentyp des Großverlegers
Lendle, der an der Universität Hildesheim und am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig studiert hat, ist der Gegentyp des mit Grandezza auftretenden Großverlegers alten Schlags. Lendle strahlt jugendlichen Charme aus. Er ist originell und unkonventionell, dazu ist er, wie Michael Krüger, nicht nur Verleger, sondern auch Schriftsteller. Zuletzt veröffentlichte er im Jahr 2011 seinen Abenteuerroman „Alles Land“.
So überraschend Lendles Berufung auf einen der wichtigsten Posten der deutschen Verlagslandschaft kommt, so schlüssig erscheint sie: Er trifft auf einen herausragenden Stamm von Autoren, darunter die Nobelpreisträger Orhan Pamuk und Herta Müller; zugleich wird ihm zugetraut, Hanser im Bereich der neuen Medien und auf dem digitalen Markt zukunftssicher aufzustellen.
Dass er es gewesen sei, der Charlotte Roches „Feuchtgebiete“ groß gemacht hat, ist indes ein böses Gerücht, das sich am Donnerstag schnell verbreitete. Es war der damalige Verlagschef Marcel Hartges, der Roche zu DuMont holte und sie und die „Schoßgebete“ mitnahm, als er zu Piper ging.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!