: Jetzt muß Schreyer in den Töpferkurs
■ Bundesumweltminister Töpfer will dem HMI-Reaktor nun doch noch eine Genehmigung verschaffen/ Der Minister sieht sich »in der Pflicht«
Bonn/Berlin. Jetzt kommt der blaue Brief aus Bonn: Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) will in Kürze ein Verfahren einleiten, um dem Forschungsreaktor des Hahn- Meitner-Instituts (HMI) doch noch eine Betriebsgenehmigung zu verschaffen. Dank der deutschen Einheit hat der Bonner Minister nun das Recht, der von AL-Umweltsenatorin Michaele Schreyer geleiteten Berliner Atombehörde Weisungen zu erteilen; bis zum 3. Oktober schützten alliierte Vorbehalte den Senat vor dem langen Arm der Bonner. In der Töpfer-Behörde geht man davon aus, daß der Senat »in Kürze« brieflich aufgefordert wird, seine Gründe für die Versagung der Reaktorgenehmigung darzulegen. Eine derartige »Anhörung« leitet ein förmliches Weisungsverfahren ein.
Von der Westberliner Senatskanzlei um Stellungnahme gebeten, hatte Töpfers oberster Atomexperte, Abteilungsleiter Walter Hohlefelder, bereits am 28. August brieflich seine Meinung zu dem Reaktorstreit mitgeteilt. Kernpunkt: Das HMI habe einen ausreichenden Entsorgungsnachweis für seine abgebrannten Kernbrennstäbe geliefert. In einem kurzen, vierseitigen Vermerk vom 24. August, den Hohlefelder mitlieferte, werden Schreyers gegenteilige Rechtsauffassungen kritisiert. Sie sind nach Ansicht der Töpfer-Beamten »unzutreffend«, stehen »rechtlich nicht in Übereinstimmung mit der Systematik des Atomrechts« und »widersprechen« EG-Recht.
Es sei die »Pflicht« des Umweltministeriums, seine Rechtsauffassung »gegenüber dem Berliner Senat durchzusetzen«, sagte Abteilungsleiter Hohlefelder gestern auf taz- Anfrage. Das Verfahren, das jetzt eingeleitet werden soll, könne »bis zu einer Weisung führen«, bestätigte der Beamte. Hohlefelder verwies auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes. Danach muß Bonn zunächst den Senat anhören und dann seine eigene Rechtsmeinung darlegen. Erst wenn sich die Landesbehörde standhaft zeigt, kann Töpfer eine regelrechte Weisung erteilen.
Wie stur sich der Senat stellen wird, bleibt abzuwarten. Seit Schreyer gegen den Willen des Regierenden Bürgermeisters Momper den Negativbescheid für den HMI- Reaktor ausstellte, spielt die SPD auf Zeit. Schon seit zwei Monaten prüft die Senatskanzlei den Schreyer-Bescheid. Ein erstes Gutachten, das die Senatskanzlei bei dem Rechtsprofessor und ehemaligen Richter am Oberverwaltungsgericht Grundei in Auftrag gegeben hatte, erklärte Schreyers Rechtsauffassung für falsch. Grundei gilt freilich als konservativ und ist auch unter Juristen nicht unumstritten. Die Senatsbeamten beauftragten mittlerweile einen zweiten Gutachter, dessen Name freilich nicht verraten wird. In etwa zwei Wochen soll die neue Expertise vorliegen. hmt
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