■ Jelzin und Clinton trafen sich: Die Geschichte geht weiter: Wen juckt die Teilung Europas?
Früher war einfach alles besser. Da war ein Gipfel noch ein Gipfel, und auch der zufällige Fernsehzuschauer wußte alles über das neueste Kostüm von Raissa Gorbatschowa. Wir verfolgten jeden Schritt der beiden „mächtigsten Männer der Welt“ und versuchten uns an der Interpretation atmosphärischer Einzelheiten. Ausgehandelt wurde das Ende des Kalten Krieges. Wir hielten den Atem an und hofften. Manche sogar auf ein Ende der Geschichte.
Drei Jahre nach dem Ende der Sowjetunion ist klar, daß die Geschichte weitergeht. Nur nimmt dies eigentlich niemand so richtig zur Kenntnis. Die postsowjetischen Verhältnisse sind unüberschaubar geworden, angesichts ständiger Berichte über die Katastrophen seiner Wirtschaftssysteme gilt der Osten als unregierbar. Da kann, so die Stimmung, wohl auch der amerikanische Präsident nicht helfen. So bestimmen Allgemeinplätze die Schlagzeilen der Gipfelpresse. Es geht um die Abgrenzung alt-neuer russischer Einflußsphären, gegen die – wie könnte er auch anders – Bill Clinton warnend den Finger erhebt. Tatsächlich jedoch hat sich wohl nicht nur der US-Präsident, sondern auch die Weltöffentlichkeit mit der erneuten Teilung Europas – diesmal etwas östlicher – abgefunden. Denn sonst müßte doch einmal nachgefragt werden, was die Ursachen für das Entstehen der russischen Einflußsphäre sind und ob die USA zumindest versucht haben, etwas dagegen zu tun? Konkret gemacht: Durch die Stationierung von russischen Friedenstruppen im georgisch-abchasischen Grenzgebiet hat Moskau seine Rolle in der Kaukasus-Region gewahrt. Washington hat das Anheizen des Bürgerkrieges durch russische Waffen akzeptiert und den Russen auch die Friedensverhandlungen überlassen. Der ukrainische Präsident Krawtschuk hat – die Spaltung seines Landes vor Augen – den Westen wiederholt nicht nur um wirtschaftliche Unterstützung, sondern auch um Politberatung gebeten. Doch sowohl für Washington als auch für Bonn scheint die Ukraine ein Land zu sein, dessen Bedeutung diejenige der zehnmal kleineren Slowakei kaum übersteigt.
Gegen die neue Teilung Europas hilft somit kein Zeigefinger. Notwendig sind nicht unerhebliche – vor allem finanzielle – Mittel, um die Abhängigkeit der GUS-Republiken von Rußland zu verhindern. Doch bevor diese Mittel zur Verfügung gestellt werden, muß „der Westen“ sich zunächst die entscheidende Frage beantworten: Soll diese Teilung überhaupt verhindert werden? Will man sich auf die neue Unübersichtlichkeit einlassen? Sabine Herre
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