: Jeder dieser Toten ist einer zu viel
betr.: „Das Medikament als Risiko?“, taz vom 18./19. 8. 01
Die Verallgemeinerungen, die Bartens von sich gibt, zur ärztlich notwendigen Verordnung von Medikamenten gehörten nun mal bestimmte Nebenwirkungen dazu und von den Blutfettsenkern wisse man doch schon lange, dass sie zu Muskelzerfall und Nierenversagen führen könnten, trifft am Kern des Problems haarscharf vorbei – verschiedene Fettsenker haben unterschiedlich häufig die genannten Nebenwirkungen, und dass Lipobay ein ungünstigeres Nebenwirkungsprofil besitzt, war schon seit längerem bekannt. Die entsprechenden Informationen zurückzuhalten und das Mittel so lange weiter zu verkaufen, wie es ging, grenzt mindestens an fahrlässige Tötung.
Und Artikel wie der von Bartens verharmlosen durch ihre Verallgemeinerung auf das grundlegende Problem von Medikamenten-Nebenwirkungen als solche fahrlässige Tötung und Totschlag. Als würde man behaupten, 45.000 jährlich dem Straßenverkehr zum Opfer gefallene Kinder seien im Verhältnis zur Gesamtzahl zugelassener Pkw nicht viel.
Und was Bartens’ Behauptung angeht, die Kontrollen der Medikamente würden immer besser: Einen Tag vorher erschien auf der Wissenschaftsseite der taz ein interessanter Artikel über die zunehmende Gefährdung der Unabhängigkeit der Forschung: gekaufte Redaktionen von medizinischen Fachzeitschriften, Verträge zwischen Wissenschaftlern und Firmen, in denen die Forscher darauf verpflichtet werden, ihre Daten nicht zu veröffentlichen, sondern sie exklusiv den Firmen zur Verfügung zu stellen, das Kaufen von Fachgesellschaften und Selbsthilfeorganisationen durch Industriespenden u. a. m.
Unter dem Strich: Etliche der Lipobay-Toten hätten nicht sterben müssen (außerdem: Wer hat ihnen das Mitel rezeptiert, wer es unterlassen, sie auf fatale Wechelwirkungen mit anderen Medikamenten hinzuweisen?) – jeder dieser Toten ist einer zu viel.
GÜNTHER EGIDI, Bremen
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