Jeder Tag ist Frauenkampftag: Fridays for NOW!

Klima- und Geschlechtergerechtigkeit gehören untrennbar zusammen, sagen Hilda Nakabuye und Leonie Bremer von Fridays for Future.

(v.l.) Hilda Nakabuye und Leonie Bremer mit zwei weiteren Klimaaktivist*innen Bild: privat

Ein Gastbeitrag von Hilda Nakabuye und Leonie Bremer

English version below

Hilda

Ich bin an drei verschiedenen Orten in Uganda aufgewachsen. Bei meiner Tante, meiner Mutter und bei meinem Vater. Das Einzige was für mich immer zählte, war, zur Schule gehen zu können. Leider kam die Zeit, in der mein Vater meine Schulgebühren nicht mehr bezahlen konnte und ich verpasste drei Monate lang den Unterricht.

Schuld daran war die Klimakrise, die unseren Garten zerstörte und damit unsere Lebensgrundlage. Starker Regen spülte unsere Pflanzen weg, immer wiederkehrende Dürren trockneten die Bäche aus und starke Winde führten zu Schädlingsbefall.

Das Ungerechte an der Klimakrise ist, dass genau die Länder, die am wenigsten zur Klimakrise beitragen, von den Auswirkungen am stärksten getroffen sind. Ich habe durch die Klimakrise schon viele Leute sterben sehen und täglich sterben immer mehr Menschen, da die Situation sich weiterhin verschlimmert.

Trotzdem wird von den Mächtigen in unserer Gesellschaft nichts unternommen, um etwas zu ändern. Der Einfluss der Klimakrise erinnert mich an den Rassismus und die Apartheit, die meine Vorfahren ertragen mussten. Ich leide ständig unter den starken Auswirkungen der Handlungen, Aussagen und Habgier von den Machthabern unserer Gesellschaft. Dabei erhalte ich keine oder nur sehr geringe Unterstützung von Industrieländern. Stattdessen tragen diese unbeschwert weiter zu steigenden Emissionen bei, die verantwortlich sind für all die unschuldigen Leben, die im Globalen Süden bereits verloren sind.

Eigentlich sollte die Zeit gekommen sein, dass insbesondere Industrieländer mitanpacken, ihren moralischen Verpflichtungen nachkommen und den Schaden beheben, den sie angerichtet haben.

Leonie

Während Hilda eine Aktivistin bei Fridays for Future wurde, weil die Klimakrise ihr Leben direkt beeinflusste, wären mir ohne sie die Auswirkungen niemals so direkt bewusst geworden.

Ich lebe in Deutschland, wo die Bevölkerung den Luxus besitzt, die Auswirkungen der Klimakrise noch immer ignorieren zu können. Deutschland ist reich genug, um Ernteausfälle durch Dürren auszugleichen, indem es die Produkte anderswo kauft und importiert.

Mein Leben war bisher unbeschwert und ich war nie gezwungen eine Mahlzeit, einen Schultag oder einen Ferientag ausfallen zu lassen. Während wir im Zug zur Weltklimakonfrenz saßen, hat mir Hilda ihre Geschichte anvertraut und mir gezeigt, dass das Land, in dem ich lebe, seiner Verantwortung nicht gerecht wird.

Deutschland wird immer als eines der führenden Länder in Sachen Klimaschutz dargestellt. Das ist sehr widersprüchlich, denn es hat, dem CO2-Bericht des Joint Research Center zufolge, den vierthöchsten CO2-Fußabdruck pro Kopf auf der Welt. Es ist abscheulich, dass eine wachsende Wirtschaft das wichtigste Ziel für Deutschland ist, obwohl genau dies schon jetzt Menschen das Leben kostet.

Die Klimakrise ist das Ergebnis des ökonomischen und industriellen Systems unserer patriarchalischen Gesellschaft. Im Kontrast dazu sind Gruppen von KlimaaktivistInnen zumeist von Frauen dominiert, da diese durch die Klimakrise besonders betroffen sind. Durch die Folgen der Klimakrise werden Menschen vertreiben, wovon 80% Frauen sind, erklären die Vereinten Nationen.

Hilda

Die Klimakrise hat ein weibliches Gesicht. In meinem Umfeld wird ein Großteil der Nutzpflanzen auf kleinen Farmen und von Frauen angebaut, wodurch unsere Ernährungssicherheit gewährleistet ist.

Die Klimakrise gefährdet die Existenzgrundlage dieser Frauen, erzeugt Hunger, gesundheitliche Schäden und hat einen großen Einfluss auf die ganze Familie. Dürren und Überschwemmungen haben Ernteausfälle zur Folge. Für Landbesitzer ist das kein Problem, denn sie haben die Möglichkeit ihre Verluste durch Zahlungen staatlicher Entschädigungen zu kompensieren.

Frauen hingegen wird traditionell das Recht auf Grundbesitz verwehrt, daher gefährden solche Wetterextreme besonders die Existenzgrundlage von Frauen und ihren Familien. Ich bin keine Ausnahme, wenn ich als Frau afrikanischer Herkunft durch Rassismus, Sexismus, Kultur und Klassizismus unterdrückt werde. Durch die Klimakrise werden diese Diskriminierungsformen strukturell noch verstärkt.

Das ist der Grund, aus dem wir, Hilda und Leonie, uns verbündet haben. Die Opfer der Klimakrise finden in unsere Gesellschaft aktuell kein Gehör. Das muss ein Ende haben. Die Ängste und das Leid dieser Menschen müssen gesehen werden. Wir haben verstanden, dass die Klimakrise die existentiellste Gefahr für alle Menschen darstellt, besonders für uns Frauen.

Wir müssen uns zusammenschließen und die Klimakrise über kontinentale Grenzen hinaus gemeinsam bekämpfen. Wir müssen uns für einen Klimaschutz ohne Sexismus, Rassismus und Unterdrückung einsetzen und die Regierungen dazu bewegen, dasselbe zu tun.

Fridays for NOW!

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English

Hilda

I grew up in three different places in Uganda. At my aunt’s, mom’s and dad’s place and all that mattered for me, was going to school as I always enjoyed it. However, the time came, when my family could not pay my tuition fees any longer. As a result I missed school for three months.

The climate crisis started to claim our garden, as strong rains washed away the crops, constant dry spells left the streams dry, and strong winds led to the outbreak of invasive pests so that the money was running out.

Unjustly, the countries who have contributed least to the climate crisis are the ones being hit hardest. I have seen many people dying because of the climate crisis and there are people dying of it every day, as the situation keeps getting worse.

However, nothing is being done by the people in power to combat or solve this crisis. The impacts of the climate crisis remind me of the rampant racism and apartheid that my ancestors endured. I am constantly suffering under the severe effects brought on me by actions, words, and greed of those in power, with very little or no aid from developed countries. Instead they are contributing wholeheartedly to the rising emissions due to which millions of innocent lives are already lost in the Global South.

Actually, this should be the time in which these countries stand up their moral duty and clean up their mess.

Leonie

While Hilda became a Fridays for Future activist due to the direct impact of climate change on her life, I would never have become aware of the current tremendous impact of the climate crisis as I am living in Germany where people can still afford the luxury of ignoring the impacts of the climate crisis.

This country is rich enough to just compensate for damaged harvest through droughts by importing products. My life so far was untroubled and I never missed school, a meal or holidays. 

On the train to the world climate conference, Hilda confronted me with her story and that the country where I am from isn’t living up to its responsibility. Germany is always called the pioneer of climate protection, which is contradictory to the fact that it has the world's 4th highest CO2 emissions per capita according to the Joint Research Center. It is appalling that Germany’s biggest goal is a thriving economy although it costs, at worst, the lives of people.

The climate crisis is the result of the economic and industrial system directed by a patriarchal society. On the contrary, groups of climate activists are dominated by women as they suffer the most from the climate crisis. Women have to be at the front of fighting against the climate crisis. According to the United Nations, 80% of people displaced by this crisis are women. 

Hilda

The climate crisis has a female face.  In my neighbourhood, the majority of crops are being farmed by female small scale farmers. The climate crisis immediately affects women’s livelihood, causes hunger and health hazards and has a tremendous impact on our families. Droughts and floods cause harvest losses, but the landowners have the chance to receive compensation payments from the state.

Women, however, are traditionally denied their rights to ownership of land, which leads to a direct threat to our basic means of existence. As a woman from Africa I am often oppressed by racism, sexism, culture, classism, and now the climate crisis is added on top.

This is why we, Leonie and Hilda, teamed up. We all need to listen closely to each other’s pain, fear, grief, and other emotions caused by the climate crisis.  We have understood that the climate crisis is the most existential danger for human beings, and especially for women.

We need to unite and fight against the climate crisis beyond continental boundaries. We need to fight for climate protection without sexism, racism, and oppression and to force governments to do the same.

Fridays for NOW!

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