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„Jede Mutation kann Folgen haben“

Die Biologin Theresia Weimar-Ehl erklärt, was die Pläne der EU zu Gentechnik für Ver­brau­che­r:in­nen, Lebensmittelsicherheit und die Öko-Landwirtschaft bedeuten

Die Mehrheit der Verbraucher lehnt Gentechnik in Lebensmitteln ab Foto: picture alliance

Von Marco Fründt

taz: Frau Weimar-Ehl, können Ver­brau­che­r:in­nen nach der neuen EU-Regelung Gentechnik in Lebensmitteln noch erkennen?Theresia Weimar-Ehl: Nein, ohne Kennzeichnung lässt sich nicht mehr erkennen, ob ein Lebensmittel, zum Beispiel eine Tomatensoße oder ein Brot, mit gentechnisch veränderten Pflanzen hergestellt wurde. Es gibt dann keine Transparenz mehr darüber, wo pflanzliches Erbgut verändert wurde.

taz: Bei der neuen Gentechnik werden Gene in Pflanzen ausgeschaltet, mithilfe der „Genschere“ Crispr. Dadurch wird die Pflanze weniger verändert. Verringert das auch die Risiken?

Weimar-Ehl: Nein. Jede einzelne Genmutation kann eine Pflanze verändern. Das kann weitreichende Folgen haben. Ein Beispiel aus der Medizin: Findet in dem Gen für Insulin eine Mutation statt, also wird ein Basenpaar verändert, kann das dazu führen, dass Insulin nicht mehr wirkt und der Mensch Diabetiker wird. Neue gentechnische Verfahren führen oft zu weitgehenden Veränderungen und neuen biologischen Eigenschaften, die aus konventioneller Züchtung kaum zu erwarten wären. Das kann unkontrollierbare Wechselwirkungen mit der Umwelt haben und die Lebensmittelsicherheit gefährden.

taz: Künftig soll Gentechnik nur noch auf Saatgut gekennzeichnet werden müssen. Was nützt das den Verbraucher:innen?

Weimar-Ehl: Der Endverbraucher kriegt das gar nicht mit. Nur der Landwirt, der das Saatgut kauft, weiß das. Schon der Landwirt vom Acker nebenan weiß das unter Umständen nicht. Wenn Pollen auf den anderen Acker fliegen, können sich die gentechnisch veränderten Pflanzen unkontrolliert ausbreiten. Gerade für Ökolandwirte wird das ein Problem. Die müssen dann mit viel Aufwand und hohen Kosten die Gentechnikfreiheit seiner Produkte nachweisen. Das kann zu einer Verteuerung führen.

Foto: privat

Theresia Weimar-Ehl

ist Diplom-Biologin und leitet den Bereich Lebensmittel und Ernährung bei der Verbraucherzentrale des Saarlandes e. V.

taz: Auch Umweltprüfungen gentechnisch veränderter Pflanzen sollen wegfallen. Das klingt fahrlässig.

Weimar-Ehl: Das ist es auch. Es kann sein, dass alles gut geht. Aber wenn sich die neuen Pflanzen – sei es erst in der zweiten Generation – als gefährlich für die Umwelt herausstellen, haben wir ein Problem. Das wieder zurückzuholen, wird schwierig. Wir wollen die neue Gentechnik ja nicht verbieten. Wir fordern nur die Risikoüberprüfung und eine Kennzeichnung. Marco Fründt

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