Jeanne Moreau zum 80. Geburtstag: Anmut, Stolz und Strenge
Die Muse der französischen Nouvelle Vague: Jeanne Moreau feiert ihren 80. Geburtstag. Die Schauspielerin drehte mit Buñuel, Truffaut und Fassbinder.
Als das Kino Sofia Loren, Marilyn Monroe und Brigitte Bardot feierte, machte ein neuer Star mit dem Ideal der gefallsüchtigen Weiblichkeit Schluss. Jeanne Moreau, die grazile Pariserin, bewegte sich präzise elegant auf Stöckelschuhen, hantierte gelassen mit mondänem Raucherbesteck, sprach mit einer im Theater geschulten Kratzstimme und faszinierte mit einem dunklen, durchtrieben melancholischen Blick.
"Wenn sie geht, zittert ihr Fuß leicht auf dem Absatz des Schuhs, ein Mangel an Stabilität, der beunruhigt", meinte Luis Buñuel über ihre Leinwandaura und inszenierte den Film "Tagebuch einer Kammerzofe", als brauche die Kamera nur ihrem Gang zu folgen. Anmut war bei ihr Ausdruck von Intelligenz, die feinen Gesichtszüge mit dem asymmetrischen Lippenschwung weigerten sich, ein simpler Spiegel ihrer Schauspielerinnenseele zu sein. Mit Monica Vitti und Ingrid Thulin repräsentierte sie eine Frauengeneration, die ihre komplexen Gefühle zu verbergen wusste.
Das neue europäische Kino zu Beginn der Sechziger war ihr Terrain. In Louis Malles "Fahrstuhl zum Schafott" reüssierte sie als kühles Verbrecherliebchen, in Michelangelo Antonionis "La Notte" verwandelte sie Trennungsschmerz in Stolz, in François Truffauts "Jules und Jim" zelebrierte sie die verrückte Unmöglichkeit einer "Ménage à trois" mit feinen Zwischentönen. Richard Brooks, Orson Welles, John Schlesinger, Rainer Werner Fassbinder, Wim Wenders, François Ozon waren Autorenregisseure, deren Zusammenarbeit sie suchte.
1928 in Paris als Tochter eines Hoteliers und einer englischen Sängerin geboren, setzte Jeanne Moreau gegen den Vater ihren Kopf durch und studierte Schauspiel am Pariser Konservatorium. Bühne und Film faszinierten sie immer parallel. Suggestive Strenge des Spiels erarbeitete sie sich am Theater, das Filmemachen lernte sie in 120 Rollen vor der Kamera. Mit achtzig Jahren ist sie noch immer an neuen Filmen interessiert - die Grande Dame des französischen Kinos hat das Nachwuchsfestival in Angers zu ihrer Sache gemacht.
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