Das Portrait: James Bonds Spielmacher
Desmond Llewelyn alias „Q“
Er war der Daniel Düsentrieb der Kinogeschichte und ein Sisyphus der Popkultur. Wie sein Entenhausener Kollege durfte er immer nur zusehen, wie andere sein frisch ertüfteltes sexy Spielzeug demolierten: „Q“ alias Desmond Llewelyn, Erfinder im Auftrag Ihrer Majestät und Ausstatter von James Bond im Besonderen. Im Gegensatz zu 007 wusste man bei „Q“ immer ganz genau, wie er die Zeit zwischen den Bond-Filmen verbrachte: bastelnd, sinnierend, konzipierend. Ob der Aston Martin mit Schleudersitz, ein schießendes Motorrad oder der ferngesteuerte BMW in „Der Morgen stirbt nie“ – „Qs“ stolze Präsentation des neuesten Wundergefährts und die nonchalante Zerstörung desselben durch den Superspion bildeten den dramaturgischen Bogen der Bonds.
Für die Rolle qualifizierte sich Llewelyn durch einen Auftritt als Panzerfahrer in „They were not divided“, ansonsten bekannte er in Interviews immer wieder, nicht mal einen Videorekorder richtig bedienen zu können, geschweige denn zu verstehen, wie die eigenen Superfahrzeuge auf der Leinwand funktionierten. Am Sonntag verunglückte der 85-Jährige in Südengland tödlich mit seinem Renault Megane.
„Q“ (kurz für „Quartermaster“ bzw. Soldatenausrüster) war zwar in 17 von 20 Bond-Filmen dabei, in Ian Flemings Romanvorlage taucht er allerdings noch nicht auf. Seine Geburt verdankt er Flemings Briefwechsel mit einem schottischen Waffenexperten, der Bonds Agentenausrüstung völlig veraltet fand. Also musste für die Leinwand ein exzentrischer Erfinder her, mit einem schier unerschöpflichen Ausstoß von schießenden Kugelschreibern, Damenslip-durchdringenden Röntgenbrillen und ätzendem Allerlei.
„Q“ und Bond, Spielevater und Playboy – emotional lässt sich das Verhältnis der beiden nur schwer bestimmen („Werden Sie endlich erwachsen, 007!“). Und doch: Als „Q“ im letzten Bond seinen Nachfolger John Cleese einführte, da lag im Blick von 007 so etwas wie zarte Melancholie: „Sie werden doch nicht schon bald in Pension gehen, Major?“ Das hätte vielleicht der Anfang eines persönlichen Gesprächs werden können, doch in den letzten Worten, die Desmond Llewelyn in einem Bond-Film sprach, blieb er ganz „Q“ und damit der britische Profi: „Hören Sie gut zu, 007. Ich habe immer versucht, Ihnen zwei Dinge beizubringen. Erstens: Lassen Sie sie nie sehen, dass Sie bluten.“
„Und zweitens?“
„Sie müssen immer einen Fluchtplan haben.“
Katja Nicodemus
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