piwik no script img

James Bond auf dem Wannsee

■ Die Waterbikes wurden für einen 007-Film entwickelt / Dann nahm Kawasaki die Serienproduktion auf - ein Kaufboom in den USA war die Folge

007 ist an allem Schuld. Ein Amerikaner, der den Auftrag hatte, für einen James-Bond-Film ein möglichst futuristisch ausschauendes Wasserfahrzeug zu entwerfen, hob in den 70er Jahren den Prototyp des „Waterbikes“ aus der Taufe. Die Motorradbauer von Kawasaki nahmen 1975 die Serienproduktion auf. Etwas behäbigere Gefährte produziert die Konkurrenzgesellschaft Yamaha, und der bayerische Unternehmer Franz Emmert vertreibt sogenannte „Wetbikes“, die von einem Suzuki-Motor angetrieben werden und auf Kufen gleiten. Kawasaki und Emmert verheißen den Käufern ihrer 6.000 bis 16.000 Mark teuren Produkte ein motorradähnliches Fahrgefühl; gesteuert wird per Lenker und indem der Fahrer den ganzen Körper in die Kurve legt. Einen Vorteil haben die „Kawasaki-Jetskis“, der der Berliner Umwelt besonders zum Nachteil gereicht: Mit ihrem geringen Tiefgang können die „Jetskis“ noch durch Uferzonen sausen, in denen das Wasser gerade mal 15 bis 20 Zentimeter tief ist.

Nicht eine gemächliche Schiffsschraube, sondern eine Jetdüse treibt die Waterbikes voran. Alle Modelle haben außerdem eins gemeinsam: den Zweitaktmotor, der nicht nur stark lärmt, sondern auch besonders viel Treibstoff ins Wasser tropfen läßt. Geht es um die Umweltverträglichkeit, dann sind die Waterbikes die Trabbis des Wassers. Daran ändert auch die Empfehlung von Kawasaki nichts, biologisch abbaubare Motoröle und bleifreies Benzin zu verwenden.

In den USA schwimmt Kawasaki auf einem „regelrechten Boom“. Jährlich verkaufen die Japaner dort 20.000 Exemplare. In den Staaten urlaubende Bundesbürger schleppten die Lärmtorpedos in Deutschland ein. Seit 1986 verkauft Kawasaki hier seine „Jetskis“. 20 Kawasaki-„Jetskis“ und sechs „Wetbikes“ hat Franz Emmert bereits nach Berlin verkauft. Die Berliner Kawasaki-Vertragshändler haben insgesamt neun Stück abgesetzt. Beim Einwohneramt gemeldet sind aber nur, so schätzt man dort, 15 bis 20 der Geschosse. Übermäßigen Lokalpatriotismus zeichnet die Berliner „Wetbiker“ jedenfalls nicht aus: 1987, während der 750-Jahr-Feier, wollten die Organisatorinnen des sogenannten „Wassercorsos“ die „Wetbiker“ als Bären verkleidet in den Zug einreihen; die Biker lehnten ab.

Der Firma sei die „Problematik“ der Geräte in der engen Bundesrepublik, erst recht in Berlin, durchaus bewußt, versichert Gerhard Mittelstädt, der zuständige Produktmanager von Kawasaki-Deutschland. „Das Gerät macht halt unheimlich viel Spaß, da vergißt man alles, was drumrum ist“, meint der Manager. Von den 600 „Jetskis“, die Kawasaki pro Jahr in Deutschland verkauft, gingen aber die meisten ins Ausland, versichert Mittelstädt. Auf „große Verkaufsanstrengungen“ habe man in Berlin stets verzichtet. Um so mehr verwundert ihn der gute Verkauf in der Mauerstadt. „Vielleicht“, mutmaßt Mittelstädt, „liegt es an der Mentalität der Berliner.“

hmt

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen