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Jahresgutachten des Aktionsrat BildungDeutsche Kindergärten sind Mittelmaß

Der Aktionsrat Bildung findet deutsche Kindergärten pädagogisch eher mittelprächtig. Eine Verbesserung werde nicht einfach, denn es fehlt Geld.

Sieht gut aus, könnte aber besser sein: Kindergarten in Deutschland. Bild: dpa

MÜNCHEN dpa | Deutschlands Kindergärten sind nach Einschätzung des Aktionsrats Bildung pädagogisch nur mittelmäßig. Die Wissenschaftler mahnen deswegen in ihrem neuen Jahresgutachten dringend eine gemeinsame Anstrengung von Bund und Ländern an, um die Ausbildung des Personals zu verbessern - und es besser zu bezahlen als bisher.

Bis 2020 sollte an jeder Kindertageseinrichtung mindestens eine Fachkraft mit Hochschulstudium tätig sein. "Dazu müssten die bestehenden Ausbildungskapazitäten verdoppelt bis verdreifacht werden", heißt es in dem Gutachten, das an diesem Dienstag veröffentlicht werden soll. Außerdem solle die Bezahlung studierter Frühpädagogen auf das Niveau vergleichbarer Studienabschlüsse angehoben werden.

Der gegenwärtige Ausbau der Kinderbetreuung müsste mit Maßnahmen "zur Sicherstellung und Verbesserung der Qualität" begleitet werden, verlangen die Bildungsforscher. Die pädagogische Förderqualität sei gegenwärtig "häufig nur mittelmäßig".

Deswegen schlägt der Aktionsrat ein bundesweites Programm zur "Professionalisierung" des Fachpersonals vor: Familien- und Kultusministerkonferenz sollten schon in diesem und im nächsten Jahr ein gemeinsames Gesamtkonzept zur Aus-, Weiter und Fortbildung entwickeln.

Unter anderem soll Fort- und Weiterbildung zur Pflicht für das Personal werden. Der Aktionsrat plädiert außerdem dafür, die Hochschulstudiengänge im Bereich Frühpädagogik deutschlandweit zu vereinheitlichen. Für bereits im Beruf tätige Erzieherinnen und Erzieher sollten berufsbegleitende Studiengänge ausgebaut werden.

Neue Professuren für Frühpädagogik

Die Wissenschaftler schlagen außerdem vor, schon ab dem Jahr 2017 auf die Neuanstellung niedriger qualifizierter Kinderpflegerinnen und Sozialassistentinnen in Kindergärten und Kindertagesstätten zu verzichten. An den Hochschulen müssen nach Ansicht des Aktionsrats dringend neue Professorenstellen für Frühpädagogik geschaffen werden.

Der Aktionsrat Bildung ist ein Gremium renommierter Bildungsforscher, das von der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) 2005 gegründet wurde. Vorsitzender ist Dieter Lenzen, Präsident der Hamburger Universität. "Wir brauchen mehr Investitionen in die frühkindliche Bildung", forderte vbw-Präsident Randolf Rodenstock.

Gebraucht werde ein "Quantensprung" in der Qualifizierung des Personals. "Die öffentlichen Ausgaben sind in den frühen Bildungsbereichen in Deutschland zu gering. So investieren beispielsweise England, Italien und USA bis zu 30 Prozent mehr in der Altersgruppe der Drei- bis Sechsjährigen."

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6 Kommentare

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  • JC
    Jonny Cynic

    Ist die Unvermittelbarkeit von akademischen "Geisteswissenschaftlern" wirklich schon so eklatant dass sich jetzt unsere Kinder mit denen herumärgern müssen?

  • TW
    Thorsten Willig

    Ich begrüße die Forderung nach guter Qualifikation & damit einhergehend angemessener (im Vergleich zu heute: besserer) Bezahlung für KiTa-Personal! Allerdings müssen auch bereits im Beruf tätige Personen die Möglichkeit haben, sich entsprechend weiterbilden zu können. Es wäre ihnen gegenüber ungerecht, würde man nur auf zukünftig "besser" ausgebildetes Personal setzen. Somit wären Personen, die bereits den Beruf ausüben & bisher schlicht nicht die Möglichkeit hatten z.B. ein FH-Studium "Frühpädagogik" zu absolvieren benachteiligt.

     

    Die pauschale Verunglimpfung derzeit in KiTas tätiger Menschen als "nicht bildungsfähig" oder als "vom kognitiven und intellektuellen umfang nicht weiter zitierfähig" wie im Kommentar von luisa (27.02.2012 14:51 Uhr auf dieser Seite) ist nicht statthaft & ist all jenen gegenüber ungerecht, die durchaus mit Hirnschmalz, Wissen & viel Engagement an die Sache herangehen!

  • WB
    Wolfgang Banse

    Kinder sind unsere Zukunft,deshalb muss im Vorschulbereich mehr investiert werden

    Im Vorschulbereich in den Kitas muss mehr investiert werden,um der Kinder wegen.Denn sie sind unsere Zukunft.

    Ein zivilisiertes Land wie es Deutschland ist,sollte was die Bildung anbetrifft,hier der Vorschulsektorbereich mehr Geld investieren und pädagogische Fachkräfte,mit Integrationsausbildung im Bezug auf die Inklusion in den Kitas einsetzen An Bildung sollte nicht gespart werden,Denn das Kapital der Deutschen ist das Gehirn,da kaum verwertbare andere Rohstoffe Deutschland vorzeigbar sind.

  • L
    luisa

    die forderungen sind goldrichtig.

    das erzieherische personla in deutschland ist denkbar schlecht ausgebildet und partiell selbst nicht bildungsfähig.

    so ist es usus, dass in jeder kindergartengruppe eine erzieherin/erzieher tätig ist, die restlichen stellen besetzen sozialassistenten. letztere sind vom kognitiven und intellektuellen umfang nicht weiter zitierfähig.

    ja, unser nachwuchs (raketentechniker, ärzte, lehrer, biochemiker usw.) ist in den händen von hauptschülerinnen und hauptschülern. schlimm, schlimm, schlimm. die ambitionen derer sind, die kinder zu verwahren. ja, aufpassen, dass sich die kinder nicht die köpfe einschlagen, aufpassen. nicht mehr. so kann der industriestandort deutschland NICHT gehalten werden.

  • L
    lebowski

    Jetzt ranken diese Armleuchter schon Kindergärten.

  • M
    mkoe

    Gut, daß sich jemand des Themas annimmt - allein ändern wird es leider nichts. Die Politik (die ja noch immer von der Herdprämie schwärmt) investiert Geld lieber in "Leuchtturmprojekte", in deren hellem Schein sie sich dann auch sonnen können, völlig egal, ob und wievielen das nützt.

    Eine Investition in Kindergärten nützt zwar allen, aber der Erfolg würde sich erst viele Jahre später zeigen - lange nach der nächsten Wahl. Also werden auch diese Empfehlungen "zur Kenntnis genommen" werden - mehr nicht.