piwik no script img

Archiv-Artikel

JOST MAURIN ÜBER DIE VORSCHLÄGE DER EU-KOMMISSION ZUR AGRARPOLITIK Tierschutz ist Nebensache

Weniger Subventionen für Großgrundbesitzer, mehr Geld für die Umwelt – das immerhin ist gut

Puten, die so schnell gemästet werden, dass ihr Skelett nicht mehr das Gewicht tragen kann. Schweine, die in engen Ställen vor sich hin vegetieren. Und Stiere, die qualvoll in Stierkampf-Arenen getötet werden. Diese Horrorbilder sind in Europa Alltag. Die am Donnerstag präsentierten Vorschläge der Europäischen Kommission für eine neue Agrarpolitik werden daran nichts ändern. Denn der Tierschutz spielt in den Plänen der mächtigen Behörde eine verschwindend geringe Rolle – leider.

Zwar ist es sinnvoll, dass die Kommission die Subventionen für die Landwirtschaft stärker davon abhängig machen will, wie umweltfreundlich die Bauern arbeiten. Auch, dass Großgrundbesitzer nicht unbegrenzt Staatsgeld abschöpfen dürfen sollen, erscheint logisch. Aber auf Tierschutzauflagen, die über die aktuellen Gesetze hinausgehen, will die Kommission verzichten.

Dabei werden in Europa Millionen Tiere unter miserablen Bedingungen gehalten. Schweinen werden die Schwänze abgeschnitten, Hühnern die Schnäbel gestutzt, Kühen die Hornansätze ausgebrannt. Denn wenn etwa zehntausende Hühner unter einem Dach eingepfercht werden, würden sie sich wegen der Enge und des Stresses mit den Schnäbeln gegenseitig die Augen auspicken. Also werden die Tiere an die Massenhaltung angepasst – statt die Ställe nach den Bedürfnissen der Tiere zu bauen.

Die EU könnte das ändern, weil sie Bauern mit Milliardenbeträgen finanziert. Diese Macht muss sie nutzen, um die Subventionen auch an strengere Tierschutzbedingungen zu knüpfen – damit das Leid von Tieren auf das Unvermeidbare begrenzt wird.

Doch die Agrarindustrie scheut die Mehrkosten – etwa für Ställe, die den Tieren mehr Platz bieten. Für sie gilt die Faustregel: Je schlechter die Haltungsbedingungen, desto höher der Gewinn. Deshalb hat sie wieder einmal erfolgreich ihren Lobbyeinfluss in Brüssel geltend gemacht – zulasten der Tiere.

Schwerpunkt SEITE 3