piwik no script img

Italiens neuer PDS: Occhetto nicht gewählt

Viele Delegierte abgereist, aber auch „Heckenschützen“  ■ Aus Rom Werner Raith

Obwohl er keinen Gegenkandidaten hatte und unumstritten als Hauptarchitekt der neuen Formation „Partito democratico della sinistra“ (PDS) gilt, hat der Chef der am Sonntag aufgelösten KPI, Achille Occhetto, 54, im ersten Wahlgang nicht die erforderliche Mehrheit zur Wahl zum ersten Chef des PDS erhalten. Occhetto, der die Niederlage völlig fassungslos hinnahm, verlangt für eine mögliche erneute Kandidatur nun die Garantie einer breiten Mehrheit.

Der „Unfall“ ist wohl zum Teil auf technische Schwierigkeiten zurückzuführen: Da der Auflösungs- und Neugründungskongreß nur bis Sonntag dauern sollte, waren viele Delegierte schon vor der Wahl am Montag nachmittag abgreist, ohne zu erfahren, daß sie selbst für das höchste Gremium der neuen Partei bestimmt worden waren. So erhielt Occhetto mit 264 zwar fast die Zweidrittelmehrheit der abgegebenen 407 Stimmen, doch da das Parteistatut das Quorum der Hälfte aller Mitglieder verlangt, fehlten ihm zehn Stimmen zur Wahl.

Tatsächlich hat eine Sichtung der Abstimmenden jedoch ergeben, daß auch von jenen Flügeln, die nach eigenen Angaben Occhettos Kurs unterstützen, an die 40 Wahlmänner die Gefolgschaft versagt haben — möglicherweise eine der in Italien auch in anderen Parteien übliche „Strafaktionen“ von Heckenschützen, die sich für die Wiederannäherung Occhettos an die Linke um Pietro Ingrao rächen wollten.

Occhetto-Vize Massimo D'Alema wertete „die Gegenstimmen als ganz normale und daher begrüßenswerte Herausforderung an die neue Parteileitung“. Als potentieller Nachrücker — er ist erst 40 — fühlt er sich jedoch noch nicht stark genug, die Oberleitung zu übernehmen.

In jedem Fall muß nun der gesamte Troß der Kongreßmitglieder — 548 an der Zahl — von Rimini nach Rom ins Hauptquartier des neugegründeten PDS reisen, um am Freitag die endgültige Wahl des Ersten Sekretärs vorzunehmen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen