piwik no script img

Italiens neue RechtsparteiDiktatur der Populisten

Silvio Berlusconi und Gianfranco Fini heben in Rom die neue Rechtspartei "Popolo della Libertà" ("Volk der Freiheit") aus der Taufe. Die Allmacht des italienischen Ministerpräsidenten scheint unantastbar.

Silvio Berlusconi und Gianfranco Fini. Berlusconis Populismus trägt längst diktatorische Züge. Bild: reuters

ROM taz Genau 15 Jahre nach seinem ersten, damals völlig überraschenden Wahlsieg am 27. März 1994 hat Ministerpräsident Berlusconi 6.000 Delegierte zu einem Mega-Event geladen, um die Fusion seiner eigenen Forza Italia und der Postfaschisten der "Alleanza Nazionale" unter dem gegenwärtigen Präsidenten des Abgeordnetenhauses Gianfranco Fini zu besiegeln. Schon bei den letzten Wahlen im April 2008 waren die beiden Parteien unter dem Namen Popolo della Libertà (PdL) auf einer gemeinsamen Liste angetreten und hatten 37,4 Prozent geholt. In den aktuellen Meinungsumfragen liegt die Rechtspartei mit etwa 40 Prozent weit vor der oppositionellen Demokratischen Partei, die auf nur 26 Prozent kommt.

Auch wenn gemeinsamer Erfolg ein guter Kitt ist, fällt auf, dass zwei in der Struktur völlig unterschiedliche Parteien eine Vereinigung beschlossen. Forza Italia (FI) ist bis heute eine One-Man-Show, die allein von Berlusconis Popularität lebt und in der er mit diktatorischen Vollmachten das Regiment führt. Alleanza Nazionale (AN) dagegen, 1995 aus der faschistischen MSI in eine rechtsdemokratische Partei gewendet, wies selbst in den faschistischen Zeiten eine weit demokratische Struktur auf, in der sich vom Ortsverein bis zur nationalen Parteiführung verschiedene Flügel gegenüberstanden.

Die Frage, welches der beiden Modelle sich mit der Neugründung der PdL durchgesetzt hat, erhielt auf dem Parteitag am Wochenende eine eindeutige Antwort - zugunsten Berlusconis. Der stellte schon seine lange Auftaktrede am Freitagabend ganz in die Kontinuität seines politischen Wirkens seit 1994. Er selbst und seine Partei seien die Repräsentanten "der Italiener", eines "arbeitsamen, demütigen und stolzen Volkes", dessen höchster Wert die "Freiheit" ist - die Freiheit der Populisten von "Politikastern", von einem drangsalierenden Staat. Die politischen Gegner von der "Demokratischen Partei" sind die immergleichen Bewunderer "Pol Pots, Stalins und Maos".

Seine Show präsentierte der 72-jährige Berlusconi mit der Ankündigung, seine Partei zu "verjüngen". Jene Verjüngung bestand aber lediglich darin, etwas jugendlichen Glanz auf den angejahrten Parteichef fallen zu lassen. So durften zur Eröffnung vier Jugendliche das Loblied auf ihn singen und Berlusconi als "Heros" loben. Und die ersten drei Stuhlreihen in der enormen Messehalle durften Jugendliche besetzen - für einen Tag. Schon am zweiten Tag hatten sich die Parteihonoratioren diese Plätze zurückerobert.

Eigentlich war der Parteitag damit schon gelaufen, da es nichts zu entscheiden, nichts zu wählen gab. Doch Fini mochte in seiner Rede am Samstag nicht darauf verzichten, den staatsmännischen Kontrapunkt zum Populisten Berlusconi zu setzen. Der lächelte krampfhaft, als Fini erklärte, Verfassungsänderungen könnten nur im Zusammenwirken mit der Opposition erfolgen und Italien müsse sich einer Zukunft als multiethnische Gesellschaft stellen.

Doch sorgen muss Berlusconi sich einstweilen nicht. "Ein einziger Kandidat" trete für das Wahl des Parteipräsidenten an, wurde am Sonntagmittag verkündet. Und dieser Kandidat war dann gleich per Akklamation gewählt, begleitet von "Silvio, Silvio, Silvio"-Sprechchören, während aus den Lautsprechern die Hymne des letzten Wahlkampfs dröhnte: "Meno male che Silvio cè" ("Gott sei Dank gibts Silvio"). In der neuen Partei ist er der Alleinherrscher: Den Vorstand und die Regionalvorsitzenden nomiert er gleich selbst, bei der Aufstellung der Kandidaten für die Parlamentswahlen hat er das letzte Wort - und wenn ein Parteigremium ihm nicht passt, darf er es einfach absetzen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare