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Italiens Lega NordSaubermänner nicht mehr sauber

Dem Schatzmeister der italienischen Lega Nord werden Betrug und Unterschlagung vorgeworfen. Mit Parteigeld sollen Villen und Autos bezahlt worden sein.

Umberto Bossi und sein Sohn Renzo, der dreimal durchs Abitur fiel und erst an einer Privatschule Erfolg hatte. Bild: dapd

ROM taz | Mehr als 20 Jahre lang zog die rechtspopulistisch-separatistische Lega Nord in Italien gegen „Roma ladrona“, gegen das „diebische Rom“, zu Felde. Jetzt aber sieht sich die Partei dem Vorwurf ausgesetzt, die Diebe seien nicht zuletzt in ihren eigenen Reihen zu suchen.

Am Dienstag führten mehrere Staatsanwaltschaften Durchsuchungen in Parteisitzen und Privatwohnungen durch. Ihr Verdacht: Francesco Belsito, Schatzmeister und enger Vertrauter von Parteichef Umberto Bossi, soll sich der Unterschlagung, des Betrugs und der Geldwäsche schuldig gemacht haben.

Konkret geht es um die Verwendung von Millionensummen aus der üppigen Wahlkampfkostenerstattung, die der Lega jährlich zufließt. Die Staatsanwälte glauben, Ausgaben ausfindig gemacht zu haben, die in den offiziellen Rechenschaftsberichten der Partei ans Parlament nicht auftauchten.

So soll Belsito die Renovierung der Villa Bossis ebenso wie große Autos für die Söhne des Parteichefs bezahlt haben. Auch die Finanzierung der von Bossis Ehefrau gegründeten Privatschule soll über die Parteikasse erfolgt sein. Und die Knöllchen der Bossi-Söhne, Abendessen, Hotelrechnungen der Familie – alles soll aus jenen Töpfen bezahlt worden sein, die mit den Wahlkampfkostenerstattungen aus dem „diebischen Rom“ nach Mailand, dem Lega-Parteisitz, flossen.

Zugleich wird Belsito vorgeworfen, undurchschaubare Investitionen von Parteigeldern in Tansania getätigt und bei seinen Geschäften sogar mit Vertretern der ’Ndrangheta, der kalabrischen Mafia, im Bund gewesen zu sein. Am Dienstag trat Belsito als Schatzmeister zurück.

Bild einer „sauberen“ Partei zerstört

Der politische Schaden für die Lega Nord bleibt dennoch immens. Jahrelang war sie der Koalitionspartner Silvio Berlusconis, in der nationalen Regierung in Rom ebenso wie in Regionen und Kommunen des Nordens. Anders als der mit Korruptionsprozessen belastete Berlusconi kultivierte die Lega immer das Bild einer „sauberen“ Partei.

Dieses Image hatte sich die Lega in den Jahren 1989–1992 erworben, als die großen Korruptionsskandale rund um „Tangentopoli“ Italien erschütterten und die Christdemokratie Giulio Andreottis ebenso wie die Sozialistische Partei Bettino Craxis zum Zusammenbruch brachten. Im kollektiven Gedächtnis Italiens blieb damals ein Lega-Abgeordneter, der im Parlament den Christdemokraten und Sozialisten drohend einen Strick unter die Nase hielt.

Doch das Bild von der Partei der Saubermänner hatte bereits tiefe Kratzer bekommen. So wird dem Präsidenten des Regionalparlaments der Lombardei, dem Lega-Nord-Politiker Davide Boni, vorgeworfen, in zahlreichen Fällen Schmiergelder für öffentliche Aufträge entgegengenommen zu haben.

Privatschule für den Sohn

Und jetzt rückt Parteichef Umberto Bossi selbst ins Visier. Bossi hatte den Ruf, an materiellem Reichtum völlig uninteressiert zu sein und sein Leben ganz in den Dienst der „Befreiung“ Norditaliens vom römischen und süditalienischen Joch gestellt zu haben. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ergeben dagegen das Bild einer durch und durch nepotistischen Parteiführung.

Hierein fügt sich, dass Umberto Bossi seit Jahren seinen Sohn Renzo zum Nachfolger aufzubauen sucht. Besonders helle ist der Filius nicht: Er fiel dreimal durch die Abiturprüfung, ehe er das heiß ersehnte Zeugnis endlich an einer Privatschule erhielt. Auch die Kosten hierfür sollen aus der Parteischatulle beglichen worden sein.

Dank der väterlichen Protektion sitzt Sohn Renzo, erst 23 Jahre alt, seit 2010 im Regionalparlament der Lombardei. Sein Vater dagegen könnte jetzt am Ende seiner Karriere stehen. Der frühere Innenminister Roberto Maroni forderte, es sei an der Zeit, in der Partei „sauber zu machen“. Er steht als „starker Mann“ zur Nachfolge Bossis bereit und kann sich auf starke Bataillone in der Lega Nord stützen.

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