■ Italiener entwickeln das alles identifizierende Riechorgan: Endlich gibt's die Supernase
Na endlich, es wurde ja auch Zeit: Wo bisher Elektronik nur zum Spähen oder Lauschen verwendet wurde, kann künftig auch gerochen werden – millionenfach feiner als mit dem gewöhnlichen Riechkolben traditioneller Art, vulgo Nase, und vor allem kann das Schnupperding auch vieles feststellen, wofür unser Organ viel zu grob oder überhaupt nicht ausgerüstet ist. Italienische Wissenschaftler von der Universität Tor Vergata in Rom haben soeben ein schon recht weit gediehenes Projekt zum Bau einer Supernase vorgestellt, mit dem Ausdünstungen errochen, eingeordnet und nach allerlei Spezifitäten untersucht werden können.
Natürlich geht es zunächst mal um Krankheitsdiagnose – sonst hätten die professores Giovanni Cristalli (Physiolge), Arnoldo D'Amico (Elektronikingenieur) und Di Natale (Neurophysiologe) ja kein Geld vom Staat locker machen können. Doch einmal in Betrieb, soll die Riechmaschine noch viel viel anderes erledigen. Sie soll Menschen unterscheiden können und Umweltschädliches im Ambiente aufspüren, darüber auch der Kriminalistik dienlich sein, etwa das Verwesungsalter von Leichen bestimmen, Drogenabhängige von Sauberen unterscheiden und – vielleicht, vielleicht – auch die richtigen Ehepartner zusammenführen, denn bekanntlich spielen unmerklich wahrgenommene Gerüche bei der Paarung eine erhebliche Rolle.
Dazu kommt, daß die Kunstnase gegenüber der normalen schon vom Bau her einen geradezu umwerfenden Vorteil hat: Sie zieht sich nie einen Schnupfen zu, kann also, sollte sie einmal auch auf Miniformat verkleinert werden, den Meisterkoch auch dann noch einsatzfähig machen, wenn dessen laufende Nase keinerlei Geruchsproben der angerichteten Speisen mehr zuläßt.
Der Faden läßt sich noch viel weiter spinnen, auch wenn die Schnupper-Professoren so weit bis jetzt noch nicht gehen wollen. Könnte doch sein, daß nicht nur Kranke andere Gerüche verströmen als Gesunde, sondern auch, sagen wir mal, Terroristen oder Mafiosi andere als Verfassungs- und Gesetzestreue, dumme Menschen andere als intelligente? Statt der Einzelfallüberprüfung für den öffentlichen Dienst müßte man nur, wie am Flughafen, durch eine Schnupper-Schleuse, und schon steht fest: Der da ist ein Verfassungsfeind, also nix Beamtenstatus da; und auch in der Schule wären keine Prüfungen mehr nötig, bei denen sowieso nur gespickt wird – die unbestechliche Nase stellt fest, wer den entsprechenden Wissensstand erreicht hat und wer noch immer ein dummer Ochse ist. Und vielleicht strömt ja auch der CSU- Wähler ein ganz anderes Odeur aus als der Sozi – die Supernase könne dann in Wildbad Kreuth herausfinden, wer der Presse Interna über krachlederne Auseinandersetzungen bei den Christsozialen verrät. Chancen über Chancen für die Supernase.
Die einzige Frage, die sich aber doch stellt: Kann menschliche Kreativität die Supernase ihrerseits dann doch wieder übertölpeln? Etwa, indem man ein hinterhältiges Parfum auflegt, das Verfassungstreue signalisiert, wo darunter doch nix steckt als ein Ultralinker? Oder das Dummköpfe als schlaue Cleverle passieren läßt? Den Gerüchten nach sollen jedenfalls die Geheimdienste in aller Welt bereits an einer Camuffiereinrichtung arbeiten, die ihre Mitarbeiter auch dann noch als superschlau dastehen läßt, wenn sie wieder einmal alles verbosselt haben.
Möglicherweise ist aber auch alles nur ein astreiner Beschiß, und der einzige Effekt wäre der, daß die drei Professoren sich selbst eine Nase verdienen wollen – eine goldene. Werner Raith
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