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■ Italien wehrt sich gegen die KaffeetabletteRevolution im Fingerhut

Giampiera Bressan kann es einfach nicht fassen: „Daß einer so was erfindet, ist ja nicht verwunderlich, schließlich verpacken sie ja alles schon in Tabletten oder Pillen.“ Doch „daß dieses Ding hier ausgerechnet von einer italienischen Firma kommt – unglaublich“. Das „Ding“ ist eine zwischen zwei Papierfolien liegende flache Scheibe, etwas größer als ein Fünfmarkstück, und der hartgepreßte schwarze Inhalt soll Kaffee für genau eine Tasse sein – für keinen beliebigen Kaffee natürlich, sondern den in Italien und mittlerweile als Kultgetränk auch anderwärts vergötterten Espresso: jener Fingerhut heißer schwarzer Brühe, die morgens Millionen Menschen munter und fröhlich, Tote lebendig und Impotente aufrecht macht. Erfunden hat die „Bustina di caffé“ die Firma Illy aus Triest, und die Neueinführung erschien selbst dem Wall Street Journal so epochal, daß es die Meldung auf der Titelseite brachte.

Die Idee mit der Kaffeepille war den Espresso-Industriellen nach Angabe ihres Generalmanagers Andrea Illy gekommen, als sie den nach einem anfänglichen Boom immer schleppenderen Absatz von Espresso-Maschinen bemerkten: „Das Zeug schmeckte einfach nicht, keiner fand die richtige Menge für den Kaffeebehälter, der Druck stimmte nicht, die Durchlässigkeit der Kaffee-Einlage war unzureichend, kurzum, nach kurzer Zeit haben die Leute die Maschine einfach weggestellt.“ Die Espresso-Tablette dagegen, so Illy, weise all die richtigen Merkmale auf, sei fest, aber nicht zu fest gepreßt, mit Durchlässigkeitsgarantie und vor allem: „Die richtige Menge für eine Tasse ist aufs Zehntelgramm garantiert.“

Doch nach einer großen Werbekampagne sind sich die Triester nun doch nicht mehr so ganz sicher, ob sie überall richtig ankommen. Hausfrauen wie Giampiera halten es für „eine regelrechte Frechheit, uns die Kompetenz für guten Espresso abzusprechen“. Nachbarin Norma Proietti pflichtet ihr bei: „Wir haben bei dem Unfug der häuslichen Espresso- Dampfmaschine sowieso nicht mitgemacht“ – sie hebt triumphierend ihre „Moca“ hoch, jenen Kaffeebereiter in Kannenform, bei dem Wasser aus dem unteren Teil durch den Kochdruck durch den Kaffee im Mittelteil ins obere Behältnis gepreßt wird: „Damit mache ich einen Kaffee, den auch die beste Bar nicht schöner hinkriegt.“ Giampiera dagegen schwört noch immer auf die althergebrachte „Napoletana“ – ein zunächst eher unbeholfen wirkendes Gerät, bei dem die Kanne kopfüber auf dem Wasserbehälter steckt, bis das Wasser kocht und man das Ganze auf den Kopf stellt – dann rinnt das kochende Wasser langsam durch den festgepreßten Kaffee im Mittelteil nach unten.

Der espressotypische Schaum wird dann in beiden Versionen durch Rühren mit dem Löffel oder, moderner, mit einem kleinen Quirl erzeugt – ebenso wie der Milchschaum für den Cappuccino von ernährungsbewußten Hausfrauen und -männern längst lieber per Quirl hergestellt wird und nicht mit dem aus der Espresso-Maschine abzapfbaren Wasserdampf, der „die gute Milch mit Wasser verlängert und ihre Wechselwirkung mit dem Koffein mindert“.

Illy vermutet inzwischen, bei der Abwehrschlacht der Hausfrauen könne es sich auch „um eine Geldfrage“ handeln – eine Tablette kostet an die 400 Lire, umgerechnet 40 Pfennig, und „damit macht eben so manche mit der ,Moca‘ gleich drei Tassen“. Den Verdacht, daß ein solches Gebräu dann viel zu dünn sei, setzt er lieber nicht hinzu – vor weiteren Beleidigungen hausfraulicher Espresso- Kunst haben ihm seine PR-Manager eindringlich abgeraten. Werner Raith

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